Astronomische Phänomene sind es wohl, die Veränderungen im Verhalten der Ameisenvölker in einem Hochlandtal Arizonas hervorrufen. Angefangen bei der Errichtung geometrisch ausgerichteter Bauten bis hin zur aggressiven Eroberung neuem Lebensraumes und dessen Verteidigung. In nur wenigen Wochen verdrängen sie konkurrierende tierische Lebensformen und auch die meisten Farmer verlassen panisch das Gebiet. Die Wissenschaftler Hubbs und Lesko errichten in unmittelbarer Nähe des Ameisenstaates ein autarkes Forschungslabor, um das Phänomen zu analysieren. Dabei entdecken sie, daß die Ameisen einen weit größeren evolutionären Sprung vollzogen haben als zunächst angenommen. Nicht die Ameisen die zu erforschende Spezies in ihren Experimenten sind, sondern sie selbst das Forschungsobjekt der Ameisen sind.
Saul Bass, der in erster Linie für seine stilbildenden Titelsequenzen zahlreicher berühmter Hollywooderfolge und der Erstellung des Storyboards für den wohl bekanntesten Mord der Filmgeschichte in Hitchcocks Psycho bekannt und anerkannt ist, ist ein Vollblut-Designer. Auch sein einziger Langfilm Phase IV, diese Mischung aus esoterischer und harter Science Fiction, steht ganz und gar unter dem Scheffel ästhetischer Prioritäten, die inhaltliche und dramaturgische Komponenten des Filmes ins zweite Glied zurückdrängen. Darunter leidet vor allem der Mittelteil der sichtlich an Kubricks Odyssee, aber auch an Robert Wises Andromeda Strain angelehnten Story. Viel zu sehr verläßt sich Bass auf die Kraft der formal hervorragenden Aufnahmen seines Miniaturfilmers Ken Middlehams, die unterlegt mit einem furchtbar daher dudelndem New Age Score jedoch eher besonders hinsichtlich der Suspense kontraproduktiv wirken. Minutenlang läßt er Ameise für Ameise durch die langen Gänge ihres Baus krabbeln, hier und da die Hochgeschwindigkeitskamera zum Einsatz kommen, nur um zerbrechendes Reagenzglas eindrucksvoll auf die Leinwand zu werfen. Das ist natürlich schön anzusehen, bringt den Film aber nicht um eine Ameisenlänge weiter. Opfert er doch den psychologisch interessanten Disput zwischen seinen beiden Wissenschaftlern dem Design des Filmes. Das ist gerade hinsichtlich des Kommentars des Filmes mehr als schade. Phase IV ist ein höchst politischer Film, erscheint er vielleicht auf dem ersten Blick als New Age Horror, der Wissenschaft und menschliche Arroganz gegenüber der Natur an eben ihrer eigenen Kraft scheitern läßt, versteckt sich doch in ihm mehr als eine Allegorie zum Kalten Krieg. Es ist kein Zufall, daß Hubbs und Lesko einem Gegner gegenüber stehen, der vielleicht technisch unterlegen ist, durch seine Homogenität und Masse jedoch die vielfache Stärke eines seiner einzelnen Individuen erreicht. Ganz dem westlichen Bild einer kommunistischen Welt entsprechend. Bass läßt hier zwei Gesellschaften entgegengesetzter Ideologie aufeinander prallen. Gleichsam zur Kubakrise läßt er den Ameisenstaat die Forschungsstation umzingeln, die Hitze in ihrem Inneren lebenseinschränkend ansteigen. Und allegorisch zu Nixons damaligen Gesprächen mit Moskau und Peking läßt er Lesko mit dem Gegner kommunizieren, was zur Entspannung der Situation führt. Ihm entgegengesetzt steht Hubbs, der mit seinem Konfrontationskurs nichts als Zerstörung und Tod herbeiführt. Der glaubt den Gegner allein durch Abschreckung in die Knie zwingen zu können. In Phase IV überleben am Ende die, die die Kommunikation suchen, ganz im Gegensatz zum anti-kommunistischen Kino der 50er, in dem die redewilligen Wissenschaftler in den meisten Fällen mit dem Tod durch den meist außerirdischen Eindringling bestraft wurden. Am Ende Saul Bass Filmes steht die Erschaffung einer neuen Spezies, deren Eigenschaften Bass jedoch völlig offen läßt. Je nach Lesart des Stoffes und der ideologischen Ausrichtung des Zuschauers ist das die Apokalypse oder aber Happy End. Schade, daß diese Botschaft ausgerechnet durch die dramaturgischen Schwächen des Regisseurs verwässert wird und die Faszination des Filmes, die er unumstritten besitzt, in erster Linie aus seiner befremdlichen und im Finale dann doch sehr esoterischen Atmosphäre resultiert.
6,5/10 Punkten
5 Kommentare:
woher denn die Annahme, dass Bass sich auf die Kubakrise bezieht? Die zeitliche Parallele als Argument wäre ein wenig dürftig.
Ansonsten stimme ich schon zu sehe ihn aber ein wenig "besser", sehe ihn aber auch nicht als politischen Film.
Na komm schon, die ganze Entwicklung in Lateinamerika, die Studentbewegung mit ihren Maobibeln (schon mal über die Symbolik der gelben Ameisen nachgedacht?). Der Stellvertreterkrieg in Vietnam. Die USA fühlten sich vom Klassenfeind umzingelt, ganz klar. Hätte der CIA die kapitalistischen Diktaturen in Süd- und Mittelamerika nicht gestützt, noch viel mehr Länder wären wohl Kubas Vorbild gefolgt. Die Kubakrise steht hier nur als Synonym dieser Entwicklung. Willi Brand erhielt für seine offene Ost-Politik den Friedensnobelpreis. Doch, doch, ich sehe hier einen sehr politischen Film, der meines Erachtens schon an seiner technischen Verliebtheit krankt, da sie die eine oder andere Länge bereit hält, aber auch die eine oder andere Gelegenheit zur Vertiefung des inneren Konflikts des Westens über die Art und Weise wie man der kommunistischen Gefahr begegnen sollte nicht am Schopfe packt. Natürlich kann man den Film auch ganz und gar unpolitisch sehen, doch sind die Konnotationen schon sehr offensichtlich auch in den Dialogen zwischen den beiden Wissenschaftlern zu finden.
Gleiches könnte man wohl über unzählige ähnliche historische Ereignisse sagen von den Spaniern vor der Alhambra bis zu Fort Alamo. Ich schliesse gar nicht aus, dass es deine These stimmt, nur erschien mir diese nur durch Indizien gestützt:-)
Ich habe ihn zumindest als klassischen Öko-Horror verstanden, mit der schlichten Botschaft, dass Mensch selbst mit geballter Technik nicht gegen Tier/Natur ankämpfen kann.
Die technische Verliebtheit sehe ich ebenso, da krankt es vor allem an Bass selber. Andromeda war mit um einiges Technobabble mehr aufgebläht aber in der Tat durchweg spannender.
Gibt's davon nun eine richtige DVD? Ich habe hier immer noch ein halboffizielles DVD Bootleg rumliegen.
Anscheinend gibt es nur die US DVD als offizielle Version. Ich selbst habe lediglich ein VHS im fürchterlich verwackelten Vollbild.^^
Ich muß zugeben ihn bisher auch ausschließlich als Ökothriller in der Erinnerung gehabt zu haben. Doch bei der jetzigen Neusichtung sind mir dann doch so einige Dinge aufgefallen, die einfach nicht zum klassischen Öko-Thriller passen. Das wichtigste vielleicht, es ist nicht der Mensch, der für die Veränderung in der Natur verantwortlich ist. Umweltverschmutzung ist überhaupt kein Thema. Aber vielleicht hatte Bass ja auch nur noch viel fürchterlicheren New Age Kram im Hinterkopf. Die Überlieferungen einer von den Produzenten herausgeschnittenen psychodelischen Reise durch Raum und Zeit nach Kubricks Vorbild am Ende des Filmes sprechen jedenfalls nicht dagegen.:D In jedem Fall aber immer noch ein sehenswerter Film, zumindest für den Geek.;)
dann muss ich den wohl auch nochmal gucken, ist auch schon ein Weilchen her, dass ich den das letzte Mal gesehen habe.
Die These mit dem New Age würde zumindest für einige seiner Titel Sequenzen sprechen
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