Woodoo - Schreckensinsel der Zombies aka Zombi 2

Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist kommen die Toten..., oder wie war das nochmal? George A. Romero hat da im Jahre 1968 mit seiner Nacht der lebenden Toten etwas losgetreten... Quatsch, hat er gar nicht. Zwar ist sein B-Movie unumstritten einer der besten Filme des letzten Jahrhunderts und man darf wirklich darüber staunen, daß dieser in so vielen Top-Listen, Top-Rankings und Auflistungen der besten, tollsten, wichtigsten Filme aller Zeiten so oft übergangen wird, aber – und das wird immer wieder gerne von uns Geeks und Filmnerds übersehen – erfolgreich war er nicht wirklich. Lange dümpelte er wie so viele andere heute als Kult geltende Filme in den Mitternachtskinos herum. Goutiert von einem eher kleinem studentischen Publikum und keinesfalls von der großen Masse. Zu größerer Berühmtheit schaffte es erst seine 1978 entstandene Fortsetzung Dawn of the Dead, die wohl weniger aufgrund ihrer herrlich subversiven Konsumkritik als vor allem mit den für damalige Verhältnisse unglaublichen Körperdestruktionen aus der Hand Tom Savinis für Aufmerksamkeit und gut gefüllte Kinokassen sorgen konnte. Da durfte es an Untotennachschub aus Italien natürlich nicht fehlen.

New York (wo auch sonst?), vor der Lower Manhattan Skyline treibt eine offenbar herrenlose Segeljacht den Hudson River hinauf. Die Freude der beiden Cops der Wasserschutzpolizei über ihren Fund – sie gehen davon aus, daß das Boot nun ihnen gehört – währt jedoch nicht lange. Auf Deck hat der Unrat das Kommando übernommen und in der Kajüte traumatisiert das Bild von verfaulenden Essensreste, Maden, Würmern und Kampfspuren. So verlassen ist die Jacht dann doch nicht, denn einer der Cops wird plötzlich von einem schrecklich entstellten großen Mann angegriffen und dabei in tödlicher Art und Weise in den Hals gebissen. Sein Partner kann den Angreifer in letzter Sekunde mit mehreren Schüssen aus seiner Dienstwaffe über die Reling schicken. Schnell ermittelt die Polizei den Eigner der Jacht, kann jedoch nur die Tochter Anne Bowles ausfindig machen. Die weiß auch nicht wo ihr Vater steckt, vermutet ihn lediglich auf der Karibikinsel Matool. Nach ihrer Bekanntschaft mit dem Zeitungsreporter Peter West machen sich beide auf ihren Vater zu finden. Matool, das ist die Insel der Verdammten, wie Brian und Susan zu berichten wissen bevor sie die beiden New Yorker dann doch übersetzen werden. Auf der Insel indes sucht Professor Menard nach einem Heilmittel gegen die geheimnisvolle Seuche, die nicht nur die Einwohner der Insel sterben läßt wie einst der schwarze Tod, sondern sie nach dem Ableben aus unerklärlichen Gründen aus den Sterbebetten der kleinen Mission wieder auferstehen läßt.

Lucio Fulci kam zum Horrorfilm wie die Jungfrau zum Kind. Vor Woodoo hatte Fulci zwar schon etliche Filme gedreht, war vor allem für seine Commedia all´Italiana und einige überdurchschnittliche Gialli bekannt, doch mit Erscheinungen aus dem Jenseits hatte der Regisseur zuvor noch nie etwas am Hut. Umso erstaunlicher ist es, daß er mit dem knappen Budget von gemunkelten 500.000 Dollar gleich einen der besten Zombiefilme ablieferte, die bis heute erschienen sind. Woodoo – Schreckensinsel der Zombies, der wie so viele andere italienische Horrorproduktionen gleich unter mehreren Namen vertrieben wurde, ist zwar eindeutig im Sog von Romeros Erfolg entstanden, jedoch keinesfalls als Ripoff, als billiges Plagiat, zu betrachten. Angeblich lag das Script zum Film, welches wiederum von einem italienischem Comic inspiriert sein soll, schon über zwei Jahre in den Schubladen der Produzenten. Aber eigentlich ist das völlig egal, denn Fulcis Zombiefilm sprüht nur so vor sichtbarer Eigenständigkeit und inszenatorischer Kreativität. Während Romeros Filme ganz offensichtlich ihren Fokus auf das Verhalten der Menschen innerhalb des apokalyptischen Szenarios legen, bedient sich Fulci frei von der Komplexität einer Gesellschaftskritik der reinen Grusel- und Horrorelemente, baut mehr auf eine vor allem morbid tragische Geschichte an deren Ende Fulci Romeros Dawn of the Dead höchstens Respekt zollt anstatt inhaltlich mit ihm in Konkurrenz zu treten. Da konstruiert Fulci eher klassische Kost wie etwa White Zombie aus den 30ern Jahren angereichert mit damals modernen Splatter und Gore. Fast wie ein Drama kommt der Film in den Szenen daher, in denen Professor Menard die in weißen Leichentüchern eingewickelten untoten Freunde noch einmal mit seinem Colt ins Jenseits schickt. An Depression kaum zu steigernde Bilder inszeniert er wenn er das eiligst ausgehobene Massengrab vor dem Krankenhaus zeigt und in der nächsten Szene Professor Menard am Strand die ausweglose Traurigkeit darüber mit Whisky wegzuspülen versuchen läßt. Hier gibt es nichts mehr zu tun. Verlassene Dörfer in denen sich höchstens herrenloses Vieh herumtreibt. Keine Menschen weit und breit. Fulcis Rechnung geht auf. Mit Leichtigkeit verschafft er seinen Figuren ein extrem endzeitliches und bedrohliches Umfeld. Die unentwegt zu hörenden Trommeln der Voodoopriester verleihen dem jüngstem Gericht zusätzlich ein nicht zu unterschätzendes Mondofilmflair, was dem Ganzem wiederum eine Note Abenteuerfilm aufsetzt. Das macht Fulcis Zombiefilm in gewisser Weise, wie auch seine späteren Filme mit Untotenthematik, einzigartig. Der Wiedererkennungswert der Chose ist enorm, ganz im Gegenteil zu so manchem anderen Zombiflick aus jener und gerade heutiger Zeit. Narrativ profitiert Woodoo ungemein von Fulcis Art die Sensationen der Geschichte gekonnt über die ganze Laufzeit des Filmes zu verteilen. Immer wieder bietet er zur rechten Zeit eine neue Ungeheuerlichkeit, die Jugend- und Moralschützer jedoch erst viel später auf die Palme bringen sollen. Dabei fällt auf wie herrlich virtuos und wirkungsvoll er diese in Szene zu setzen weiß. Ob es nun der erste Zombie in New Yorks Gewässern ist, diese monströse 120 Kilo Erscheinung, die Fulci an Deck der Jacht leinwandfüllend im Gegenlicht der Sonne auf den Zuschauer zukommen läßt oder das traumatische Erlebnis der Reisegruppe wenn sie Menards Haus betritt und dabei auf die Untoten trifft, die sich über die sterblichen Reste seiner Frau in geradezu phlegmatischer Weise hermachen. Einzigartige Bilder, die man wohl so in keinem anderem Film wiederfinden wird. Weit von dem entfernt was man Trash nennen darf. Auch wenn ich Fulci nicht gänzlich von diesem freisprechen möchte, wenn er Peter West und Anne Bowles in eine kurze Liebesszene auf einen alten Friedhof der einstigen spanischen Eroberer der Insel verwickelt, kurz nachdem sie eben Zeuge des alptraumhaften Zombiegelages wurden. Aber vielleicht ist das auch nur Ausdruck seiner Art von Humor, den der Regisseur auch gerne mit kleinen Cameos immer wieder unter Beweis stellte. Hier ist er zu Beginn des Filmes als Inbegriff eines Chefredakteurs zu sehen, der Peter West daran erinnert sich nicht auf der Tatsache auszuruhen der Sohn des Verlegers zu sein.

Formal ist Fulci, gerade in Anbetracht des minimalen Budgets, kein Vorwurf zu machen. Sicherlich hier und dort ein unsauberer Schnitt, Tisa statt Mia Farrow und auch mal ein Laiendarsteller. Dafür kann Fulci mit herrlichen Karibikaufnahmen protzen, läßt sogar einen Hai auf Lebende und Untote los, auch wenn dieser zuvor offensichtlich mit mindestens zehn Robben und drei Liter Betäubungsmittel ruhig gestellt wurde und der Szene dadurch ein wenig an Dynamik fehlt. Da verliert auch die wohl berühmteste Szene des Films marginal an Wirkung, wenn der Splitter des berstenden Türrahmens in das Auge einer jederzeit als solche zu erkennenden Gummipuppe getrieben wird. Aber all das macht nicht viel aus, kann der Atmosphäre des Filmes nichts anhaben, denn Fulci liefert eine wirklich gute Arbeit ab, konzentriert sich jederzeit auf das mögliche. Maden, Würmer und Schlachtabfälle sind nicht teuer und effektive Großaufnahmen kosten weniger als ein großes Set. Was aber nicht bedeuten soll, daß diese irgendwie billig daher kommen, ganz im Gegenteil. Woodoo sieht wesentlich teurer aus als er letztendlich war. Dazu trägt natürlich auch die durchweg gute Kameraarbeit Sergio Salvatis bei, die auch später Fulcis Paura und L'adilà das gewisse Etwas verleihen wird, wie auch wieder der Score von Fabio Frizzi, der zusammen mit Giorgio Cascio einen durchweg passenden Klangteppich austüftelt. Ja selbst Fulcis Zombies scheinen furchteinflößender als die seines amerikanischen Kollegen, aber fairer weise muß man hier anmerken, daß diese auch einen ganz anderen Zweck erfüllen. Fulcis Woodoo – Schreckensinsel der Zombies aka Zombi 2 aka Gli Ultimi Zombi muß man einfach jedem ans Herz legen, der etwas für das Genre übrig hat. Am besten aufgrund seines Endes als Einstimmung auf Dawn of the Dead. Glatte...

8/10 Punkte

11 Kommentare:

Rajko Burchardt hat gesagt…

Ok, der Jackson-Kommentar ist vorläufig wieder vergessen. *g*

Und genau das Bild, das ich sehen wollte oben.^^

tumulder hat gesagt…

Und genau das Bild, das ich sehen wollte oben.

Banner oder Review?;)

Anonym hat gesagt…

Zustimmung³! Fehlen eigentlich nur noch einige Sätze zur Exploitation, denn die Duschszene ist ja ganz nett, aber eben reinste Exploitation. Warum taucht die Frau bspw. immer oben ohne? ^^ Aber wieder mal etwas besserwisserisches: Der Plural von "Giallo" ist "Gialli", nicht "Giallos". ;-)

tumulder hat gesagt…

Der Plural von "Giallo" ist "Gialli", nicht "Giallos".

Danke, danke. Das war oberpeinlich von mir. Zur Exploitation. Natürlich ist der Film pure Exploitation (Auretta Gays Schwimmanzug ist ja eine wahre Pracht), ich dachte jedoch noch einmal darauf explizit hinzuweisen erübrigt sich. Beim nächsten Fulci, der hier besprochen wird, sieht das aber anders aus.;)

Anonym hat gesagt…

Verstehe mich nicht falsch, für mich war das auch klar. Aber da Du so ausführlich an die Sache hernagehst und ja auch Neulinge (z.B. Rudi) ansprechen willst, gehört das doch irgendwie dazu, oder? Und wegen "Gialli" - nobody's perfect! ;-)

tumulder hat gesagt…

Ich habe das gar nicht negativ aufgefaßt, nur wollte ich auch begründen warum ich diesen Punkt nicht angesprochen habe. Im Ripper, dessen Review als nächstes folgen wird (da ich diese kleine Retrospektive unbedingt positiv abschließen möchte, hebe ich mir The Beyond für den Schluß auf - Vorsicht, Manipulation;)) spielt der Aspekt der Exploitation eine wesentlich größere, um nicht zu sagen die einzige, Rolle als in Fulcis Untotenfilmen - die Rudi eh nie im Leben freiwillig schauen wird.:D

Anonym hat gesagt…

Touché. ^^

Anonym hat gesagt…

Du hast alles gesagt, was zu sagen ist. Toller Zombiefilm! Aber "The Beyond" hebst du dir zurecht bis zum Schluss auf.

Anonym hat gesagt…

Wirklich eine schöne Kritik zu einem tollen Film!

"The Beyond" find ich allerdings ganz schön überbewertet.

tumulder hat gesagt…

@kwyjibo

"The Beyond" find ich allerdings ganz schön überbewertet.

Es kommt auf die Perspektive an von der aus man den Film betrachtet.;)

Rajko Burchardt hat gesagt…

Banner oder Review?;)

*ggg*

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