Faster, Pussycat! Kill! Kill!

Aus dem großem Pool der amerikanischen Exploitation oder besser Sexploitation sticht ein Name immer wieder heraus. Russ Meyer. Nein, ich bin kein Experte was Meyers Filme angeht. Ich habe erst drei gesehen, zu wenig um mir ein halbwegs vollständiges Bild Meyers Schaffens zu bilden. Aber, und das ist jetzt vielleicht ein glücklicher Zufall, stammen Mudhoney, Motorpsycho und eben Faster, Pussycat! Kill! Kill! aus der selben Schaffensphase des Regisseurs. Allesamt wurden im Jahr 1965 abgedreht und könnten inhaltlich nicht verschiedener sein. Während Mudhoney einen tiefschwarzen Blick auf religiös heuchlerische Landeier gewährt, ich glaube im mittleren Westen der USA würde er noch heute für so manchen gelynchten Filmvorführer sorgen können, greift Motorpsycho schon sehr früh das Thema des verrohten und ungeliebten Kriegsheimkehrer auf. John Rambo läßt grüßen und fühlt sich verstanden. Faster, Pussycat! Kill! Kill! hingegen entbehrt einem so deutlichem Subtext, ist vielmehr eine sehr lose Adaption William Wylers An einem Tag wie jeder andere und Truman Capotes Roman Kaltblütig, der im selben Jahr erschien wie Russ Meyers Film.

„Liebe Zuschauer, nett, daß sie hier sind. Heute sollen Sie... Ja, heute sollen sie einen ganz ausgefallenen Film erleben. Wir schätzen an Mädchen sonst gewöhnlich... Sex. Die Mädchen in diesem Film aber, nun sie sehen zwar genauso sexy aus wie andere Mädchen auch. Sie sind genauso attraktiv... Aber eben das ist Täuschung. In Wahrheit sind sie Verbrecher, sie unterscheiden sich in nichts von...von Gangstern. Und sie benehmen sich wie Gangster in sonstigen Gangsterfilmen. Und das in unserem Film Mädchen ihre Funktionen übernommen haben... nun, das ist eine Spielart. Und wenn diese Mädchen nichts weibliches, ja nichts menschliches mehr an sich haben, so ist das verzeihlich. Denn sie sind ja Ausgeburten filmischer Fantasie.“

Gemein dieser Meyer, nimmt er der Rezension des Filmes die Erkenntnis doch schon direkt am Anfang seiner Sex & Crime-Ballade vorweg. Worüber soll man da noch großartig schreiben? Über die durchgehende doch nur spärlich vorhandene Handlung, die extra großen Ausschnitte der extra groß gebauten Hauptdarstellerinnen? Ja, natürlich die Titten, und nur in Zusammenhang mit einem Russ Meyer Film darf der Rezensent wohl ungestraft von Titten schreiben. Aber das wäre irgendwie langweilig, obwohl der Ausdruck Russ-Meyer-Frau es tatsächlich zu einer etablierten Einordnung der Busengröße in der Welt der Busenfetischisten geschafft haben soll. Ach, was soll's. Irgendwie steht die Busengröße der Darstellerinnen in Meyers Filmen dann ja wohl doch auch für den Unterschied zwischen dem künstlerisch motivierten Kino Europas und dem in erster Linie auf die Sensation konzentrierten Kino Hollywoods. Und das, so paradox es auch klingen mag, obwohl Meyer lediglich einen Studiofilm in seiner Filmographie stehen hat. Was hat der laut John Waters Beste Film aller Zeiten also noch außer Riesentitten zu bieten?

Natürlich Gewalt und sexuelle Konnotationen en masse. Letztere äußern sich nicht nur in den messerscharfen Dialogen und Onelinern, die ob ihrer leichten Antiquiertheit, die das Alter des Filmes halt mit sich bringt, durchgehend Schmunzler erzeugen. „Would you like a softdrink?“ “Honey, we don’t like anything soft. Everything has to be hard.” Sondern auch in allerhand Symbolen. Der alte Tankwart hat nicht umsonst Schwierigkeiten den Einfüllstutzen an Varlas schwarzen Porsche zu finden. Das ist Meyers unterschwellig galliger Humor, das ist seine Art den Figuren Attribute zu verleihen. Der Tankwart hat sichtlich Spaß an den drei sexy Go-Go-Girls, doch hat es für ihn keinen Sinn auf's Ganze zu gehen. Er hat's halt nicht mehr richtig drauf. Wer aufgrund Meyers Ruf offenherzige Sexszenen erwartet wird enttäuscht, der Großteil des Sex wird durch die Blume transportiert. Da geht es in Sachen Gewalt nicht so zimperlich zur Sache. Schon bald nach der ersten Attraktion des Filmes, einem rassigem Catfight – ja, einen gewissen Humor und ausgeprägten Hang zum Pulp muß der Zuschauer schon mitbringen - wird Ratz Fatz das erste Genick gebrochen „I never try anything. I just do it.“. Keine Kompromisse, wir befinden uns in der Welt der Exploitation und in der ist Russ Meyer eine ganz große Nummer. Nicht nur weil er mit den Konventionen bricht, nein Faster, Pussycat!... läßt uns an seinem filmischen Können im vollen Umfang teilhaben. Meyer holt aus dem in nur vier Tagen entstandenen und sehr, sehr dünnen Drehbuch mehr heraus als man erwarten könnte. Weiß die Sensationen dramaturgisch ungemein virtuos zu inszenieren. Kamera, Schnitt, Soundtrack. Tempo, Gewalt und Sex. Alles aus einem Guß. Der Film macht unwahrscheinlich Spaß. Er bedient sich nicht der Popkultur, er ist Popkultur. Waschechtes Grindhouse, kein ambitioniertes auf B-Movie gebürstetes Kunstkino, auch wenn man schnell diesem Irrglauben auf Grund der handwerklichen Qualität verfallen könnte.

So mag es doch vielleicht ein wenig verwirren, daß ausgerechnet solch einem Film ein feministischer Grundgedanke attestiert wird. Zumal am Ende mit Linda doch nur die einzige hilflose Frau und dazu noch unter tatkräftiger Hilfe des einzig guten Mannes überlebt. Der zuvor so spaßige Rollentausch offensichtlich nur eine filmische Spielart darstellt, die zum klassischem Ende führt. Gebt mir eine Tankstelle, ein knutschendes Pärchen, einen schmierigen Polizisten, der die beiden heimlich beobachtet, dazu ein Publikum, das weiß was der Polizist gerade denkt und wir haben den perfekten Film. Das sind sinngemäß Russ Meyers Worte und das ist auch Faster, Pusscat! Kill! Kill!

7/10 Punkte

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