Slither

Außerirdische Invasoren begehen seit Jahrzehnten immer wieder den gleichen Fehler. Immer wieder wählen sie auf unseren Planeten Orte, die von uns liebevoll und bezeichnender Weise mit dem Prädikat “Arsch der Welt“ ausgezeichnet werden, als Ausgangspunkt ihrer Erd-Annexions-Pläne. Es ist halt so, daß die Ant-Arktis, der Nordpol und weite Teile der USA zwischen Ost- und Westküste nicht so spannend sind, daß ein Fremder nicht sofort die Aufmerksamkeit der wenigen Menschen, die dort trotz allem leben, auf sich ziehen würde. Ein Alien ist halt ein Fremder, und Fremden steht man dort, wo sich die Bewohner meist an dem schon immer da gewesenen Dingen orientieren, halt ein wenig skeptischer gegenüber. Keine Chance für den Invasoren sich heimlich unters Volk zu mischen, da fallen kleinste Veränderungen sofort auf. Und wenn der Außerirdische erst einmal als das erkannt wurde, was er ist, dann gibt es Ratz Fatz was auf die Rübe. Wenn es die Nationalgarde nicht schafft, dann gibt es immer noch den Wissenschaftler, kleinen Jungen oder den über sich hinauswachsenden Dorfscherriff.

Wheelsy ist so ein Ort, an dem sich die Leute noch kennen, der Bürgermeister die Dinge selbst in die Hand nimmt (zumindest versucht er es) und junge hübsche Mädchen zwar vom Weggehen träumen dürfen, aber dann doch bei dem bleiben, der ihnen materielle Sicherheit bietet. Und genau hier landet wieder so ein Ding aus den dunklen Weiten des Alls - irgendwo im Wald hinter dem Ortseingangsschild am Highway. Der alte Grant Grant, seinen Frust über das nicht mehr stattfindende Sexualleben weggetrunken und nun im Wald mit der einst übersehenen und sich plötzlich ergebenen Beischlafgelegenheit, wird als erster infiziert. Und da die Geschichte vom einstigen Troma Boy James Gunn inszeniert wird, geht es in der Folge in Wheelsy nicht zimperlich zur Sache. Weder in Sachen Seitenhiebe auf das amerikanische Kleinstadtleben, noch in Sachen explizites Splattervergnügen. Da sollte man nicht so sehr auf das dünne Drehbuch schielen, sondern sich einfach auf einen Bilderbogen durch 50 Jahre B-Movie Sci-Fi-Horror einlassen. Auch wenn die Unheil beherbergende Scheune und der menschenfresservolle Keller keine unvorhersehbaren Schlotterhöhepunkte darstellen, zu einer unsympathischen Aneinanderreihung beliebig nachgefilmter Filmzitate mutiert Slither zu keinem Zeitpunkt. Mag sein, daß es hier und dort mal holpert und eigentlich als vergnüglich angedachte Überraschungen ein wenig lahm daherkommen, da ihnen einfach der gewisse Drive fehlt. Doch muß man Gunn im Endeffekt dafür dankbar sein, daß er gar nicht erst versucht den zugrundeliegenden B-Movie Stoff zu einer großen Hochglanzsause zu erwecken. Da braucht es keine nachträglichen Digitaleffekte, um den Zuschauern mitzuteilen, daß wir uns hier in der nie ernstgenommenen Vergangenheit Hollywoods Autokino und 80er Jahre VHS Tapes befinden. Das schafft Gunns Film ganz von allein, und man sieht sich geradezu gezwungen, die alten Critters, Night of the Creeps und Killer Clowns wieder aus dem eigenen Keller hervorzukramen und einen erneuten Blick zu riskieren. Nur sollte man die Sache bitte nicht allzu ernst nehmen. Das machen die Darsteller ja auch nicht wirklich. Egal ob Nathan Fillion hier immer noch seinen lakonischen Firefly Captain gibt, Michael Rooker in freudiger Erwartung vor der Fleischtheke des örtlichen Supermarkts steht oder Elizabeth Banks mit Lockenwicklern ins Bett steigt. Man merkt ihnen sichtlich ihren Spaß an der Sache an. Das ist es dann auch, was Slither über die meisten seiner Genrekollegen stehen läßt, sein Cast ist auch ohne große Namen größer als man denken könnte.

7/10 Punkte

11 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

yep.
Gregg Henry und Michael Rookers Brille sind die Stars!
Macht echt Spass.

tumulder hat gesagt…

Was mit einem TV Cast so alles möglich ist.;)

Rajko Burchardt hat gesagt…

Junge, du bist aber auch ein Genre-Nerd. :)

Doc Savage hat gesagt…

Slither ist ein vorzüglicher Partyfilm! Vor allem Nathan Fillion, der tatsächlich irgendwie nur seine eine Rolle aus Firefly spielen kann, ist klasse. ^^

tumulder hat gesagt…

@rajko
Wer den Genrefilm nicht ehrt, ist die P.T.A.s dieser Welt nicht wert.*gg*

@doc
Und davon kann ich gar nicht genug bekommen.:D

Doc Savage hat gesagt…

ganz fettes dito

HappyHarryMitDemHarten hat gesagt…

Gefällt mir auch sehr gut und nach so mancher Review von dir bei der ich mit dem Kopf schütteln musste (vor allem BAD LIEUTENANT), wieder absolute Zustimmung.

tumulder hat gesagt…

Haha. Sehr gut, daß meine Reviews wenigstens Kopfschütteln auslösen können.^^ Aber Bad Lieutenant ist einfach das Ergebnis eines in seiner Denkweise sehr eingeschränkten Regisseurs. Wenn ich Keitels Figur ins Gegenteil umkehre, und das sollte man mal machen, um herauszufinden wie Ferreira wahrscheinlich einen Good Lieutenant sieht, dann kommt da ein asexueller frommer Asket heraus. Nichts gegen den Streetlook des Filmes, aber inhaltlich schrammt der lediglich an der Oberfläche wahrer Sünden.;)

HappyHarryMitDemHarten hat gesagt…

Ich denke, das du es dir mit deiner Argumentation zu einfach machst und Ferraras Haltung zu simpel darstellst. Der von dir angesprochene Umkehrschluss ist zwar eine interessante Idee, allerdings sehe ich das nicht so. Ferrara verurteilt seine Figur doch nicht, weil sie trinkt und Sex hat - wenn er sie überhaupt verurteilt. Nüchtern und kalt beobachtet der Film nur, ohne eindeutig zu bewerten.

Was die Jesus-Erscheinung und die obszönen Details angeht - Subtilität ist einfach nicht Ferraras Ding, das macht seine Auseinandersetzung mit dem katholischen Glauben imo aber nicht weniger spannend. Für mich handelt BAD LIEUTENANT in erster Linie von der Qual, nicht glauben zu können. Was daraus resultiert, wenn man das Wesen von Glauben, Vergebung und Sinnhaftigkeit nicht zu spüren vermag - das ist dann der Zusammenbruch und Untergang der Hauptfigur. Würde jetzt gern mehr schreiben aber ich verzettel mich ja jetzt schon. Ich habe eine klare Vorstellung davon, was Ferrara in meinen Augen erreichen wollte mit seiner rüden Bildsprache, kann das Ganze aber nicht so recht in Worte fassen. Wenn es mir gelingt, dann findest du eine Kritik auf meinem Blog... :)

tumulder hat gesagt…

Gerne. Ich streite deine Interpretation auch gar nicht ab, frage mich jedoch warum Ferrara soviel Wert auf die Beobachtung sexueller Exzesse und des Lieutenants Drogenkonsum legt. Das kann man nicht einfach mit rüder Bildsprache erklären.;)

HappyHarryMitDemHarten hat gesagt…

Mit der rüden Bildsprache wollte ich nicht die expliziten Ausschweifungen erklären, sondern Ferraras mangelnde Subtilität. Wo andere Filmemacher vielleicht eher verschlüsselte Symbolismen genutzt hätten, hält Ferrara einfach drauf. Das hat sicherlich auch mit dem Verlauf der Karriere zu tun, immerhin waren seine ersten beiden Langfilme ein HC-Porno und THE DRILLER KILLER.

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