All the Boys love Mandy Lane

Es ist eine lange Zeitspanne von der Erstaufführung Halloweens bis zu All the Boys love Mandy Lane. Viel ist zwischenzeitlich im Subgenre passiert, und doch eigentlich so wenig. Der Slasher-Film blieb immer der gleiche, kaum wirklich Handlung von sich gebende, Unartige Jugend-Killer in streng vorgegebenen Bahnen auf seinem Weg zum Final Girl. Egal ob in der rüden Fassung Sean S. Cunninghams oder der äußerst fantasievollen Umsetzung eines Wes Cravens. Egal ob verbrannter Jugendcampaufseher oder in der Kindheit traumatisierter Bergarbeiter. Der Psychopath ist ein alter Bekannter, seine Opfer die sich der Sonntagsschulregeln verwehrende Jugend. Ein ungeschriebenes Gesetz, das den Slasher so erfolgreich machte, schließlich liebt der Mensch im allgemeinen die Sicherheit des Gewohnten, aber auch gleichzeitig seinen Untergang bedeutete. Denn der Mensch schreit auch nach Neuerung, die ihm sicherlich der Aufstieg des grafisch nicht zimperlichen Serienmörder-Films ins Mainstreamkino Anfang der 90er Jahre zukommen ließ. Auch wenn Wes Craven dem Genre mit Scream eine Frischzellenkur verabreichte, tot war es nie wirklich. Die unmotivierte Bösartigkeit eines Michael Meyers lebte in Figuren wie Hannibal Lecter weiter, die Bestrafung der Sünde durch den Psychopathen ist ein bedeutender Bestandteil David Finchers Meisterwerk Sieben. Und erreicht John Doe am Ende Finchers Films nicht eine ebenbürtige Unsterblichkeit, wie sie etwa Jason Vorhees an jedem Ende seiner Filme zugestanden wird? Man sollte das Final Girl nicht an seinem Geschlecht festmachen, wichtig scheint doch nur die Unschuld, die immer eigentliches Objekt der Begierde des Mörders bleibt.

Mandy Lane darf als Inkarnation dieser Unschuld gelten, unnahbar für die Jungen an ihrer High School, die Selbstwertdefizite in gesteigerter Coolness zu ertränken versuchen. Und nun haben sie es endlich geschafft, die hübscheste, die perfekteste Jungfrau der amerikanischen Klein- und Mittelstädte, der fleischgewordene Traum nicht nur pupertierender Jungen, nimmt am Wochenendtrip ins elterliche Landhaus teil. So typisch wie ein gewohnter Slasher möchte sich All The Boys love Mandy Lane dann in der ersten Hälfte gar nicht geben. Was in den Schuhen eines weiteren Teenager Dramas daherkommt, ist jedoch auch Levines außerordentlich präzise Exposition, in der die Teenager sich ganz in ihren oberflächlichen Klischees suhlen dürfen, die das Drehbuch später bereit ist als das zu entlarven, was sie wirklich sind. Der oberflächlichen Handlung folgt der Film hier auch in seiner aalglatten Werbefilmästhetik. Eingängige Poptunes und in Slow Motion Sequenzen eingebaute Lensflares begleiten das Lebensgefühl der Fasterwachsenen auf ihren Weg ins Verderben, von dem sie noch nichts ahnen können. Während Levine nach außen hin ganz den dramaturgischen Konventionen des Slashers zu folgen scheint, bereitet er aber schon unbemerkt das durchaus interpretationswillige Wahnsinnsfinale vor, in dem All the Boys Love Mandy Lane doch noch zu dem wird, was er in seiner Eröffnung nur vorzuspielen schien.

Jonathan Levines Version des Slasher Films mag an der formalen Oberfläche nur ein weiterer Teen-Horror sein. Seine Vielschichtigkeit tummelt sich jedoch im Untergrund, wie die Bakterien in den Hautporen, die am Wochenende die Akne ausbrechen lassen. Sein Horror ergibt sich nicht aus der vielleicht zu einem gutem Teil vorhersehbaren und kaum vorhandenen Handlung, aus der deftigen Gewalt, mit der die Kinderwachsenen nacheinander und in stetiger Steigerung ins Nirvana geschickt werden. In der dann auch die Commercial Bilder schon längst denen des Horrorfilms gewichen sind. All the Boys Love Mandy Lane erzählt vor allem die Geschichte der Flucht vor der eigenen Kindheit, die so schwierig und schmerzhaft sein kann. Und sie ist es auch, die das Ende Levines Films so gut funktionieren läßt, der wie ein Chamälion von der einen auf die anderen Minute sein Wesen zu ändern weiß. Dem es mit Leichtigkeit gelingt Filmteenager allein durch ihre dann doch von ihm zugestandenen Schwächen und Leiden in der wirklichen Welt zu verorten, selbst wenn er sich selbst bis zum Ende vor dieser Wirklichkeit durch die Surrealität, die ihm die Form des Genres verschafft, verwehrt. Das allein macht All the Boys Love Mandy Lane bestimmt noch nicht zu einem Meisterwerk, aber zu einem äußerst kreativen und angenehm spröden Vertreter des Horrorfilms, der sich vor allem durch eine mehr als gelungene Bildsprache auszudrücken versteht.

8/10 Punkte

2 Kommentare:

Stefan hat gesagt…

Ich kann jedem einzelnen Wort nur zustimmen! Einer der besten Beiträge des Genres seit langer Zeit. Ach ja, Dein Stil gefällt mir auch immer mehr, weiter so! :-)

/arschkriechen

tumulder hat gesagt…

Lob wird hier grundsätzlich nicht als Arschkriecherei angenommen. Also Danke.:D

Kommentar veröffentlichen

Kommentare zu Blogeinträgen, die älter als sieben Tage sind werden weiterhin von mir moderiert. Sei freundlich, fair und bleib beim Thema.