Erinnert sich noch jemand an Michael Edwards? Das war dieser sympathische Brite, der es tatsächlich schaffte in seiner Sportart für Furore zu sorgen, obwohl er seine Sportart nur bedingt beherrschte. Während der Olympischen Winterspiele 1988 war er Publikumsliebling und Gesprächsthema Nr. 1. Jedesmal, wenn er oben auf der Skisprungschanze in der Spur in die Hocke ging, um dann mit der garantiert langsamsten Anfahrt dem Schanzentisch entgegen zu kriechen, den richtigen Absprungpunkt garantiert zu verfehlen, und um dann so mit Ach und Krach irgendwo weit, weit, weit vor der aktuellen Bestmarke wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren, war die Aufmerksamkeit der Zuschauer größer als bei den Athleten, die die Medaillenränge nur um wenige Punkte verfehlten, ihren Sport jedoch ausgesprochen gut beherrschten. Die Meinungen in der Fachwelt über Michael „Eddie the Eagle“ Edwards waren gespalten. Die einen schrieben, laßt ihn doch weiter machen. Der Mann führt seinen Sport mit der gleichen Profession aus, wie die großen Sieger. Dabei sein ist alles. Die anderen sahen in ihm eine Beleidigung, eine Verhöhnung der Sportart, der Olympischen Spiele. Am Ende änderte das IOC die Regeln zur Qualifizierung für den Wettbewerb. Ich muß jedesmal an Edwards denken, sobald der Name Dr. Uwe Boll fällt. Ich kann nicht abstreiten, daß Boll seinen Beruf mit der gleichen Ernsthaftigkeit angeht, wie seine Kollegen. Ich kann nicht abstreiten, daß seine Leistungen weit, weit, weit hinter denen seiner Konkurrenten liegen. Bolls Attraktivität liegt nahezu ausschließlich in seinem Nichtkönnen, in der Erwartung einer schlechten Leistung. Und auch die Meinungen über Boll sind in der Fachwelt ebenso gespalten. Die einen erkennen seinen Mut, sein Selbstbewußtsein an, auf eigene Rechnung im großen Zirkus der Filmwelt mitspielen zu wollen. Die anderen sehen seine Werke als Beleidigung für das Filmgeschäft und würden ihm die Teilnahme an eben diesem nur allzu gerne verbieten. Aber Boll ist immer noch dabei, da die einzige Regel zur Teilnahme an dem Wettbewerb, in dem er startet, die Sicherung der Finanzierung seiner Filme ist. Genau die beherrschte Boll bisher mit einem unglaublichen Mut zum Risiko, einem festen Glauben an seinen Erfolg, an seiner Arbeit und natürlich mit seinen unerbittlichen Marketingmethoden. Michael Edwards machte sich abseits der Schanzen auch mal gerne zum Affen, um in den Medien zu bleiben.
Jetzt steht mit Far Cry also Bolls 16. Film in den Regalen der Videotheken und sein 7. Film, der auf einer Videospiel Lizenz basiert. Graben wir gar nicht erst nach Gemeinsamkeiten zum Shooter aus deutschen Landen, die sind zwar tatsächlich in Spuren vorhanden, doch könnte eine genauere Betrachtung natürlich nur in Unmut enden, schließlich sind sie auch für den Unterhaltungswert des Filmes völlig egal. Jack Carver dümpelt jetzt also in Kanada mit seinem Ausflugsboot über das Wasser, um Touristen Wale und die schöne Gegend vorzuführen. Warum er dabei ein Hawaihemd tragen muß? Ach, ... ich wollte ja nicht graben. Eines Tages soll Carver die Reporterin Valerie zur Insel Dr. Kriegers schippern, deren Onkel Max dort die geheimen und verbotenen Genversuche des Mad-Scientist an Soldaten ausspioniert. Wie es natürlich nicht anders sein kann, ist Onkel Max schon längst selbst Opfer Dr. Kriegers Versuche, die selbstredend vor allem das Hirn der Probanden schädigen, selbstverständlich wird Valerie bei ihrer Ankunft von Kriegers Privatarmee empfangen und Carvers Boot per Rakete in kleine Stücke zerlegt. Wie es natürlich auch nicht anders sein kann, zerlegt Carver daraufhin große Teile Kriegers Privatarmee samt Vehikel ebenfalls in kleine Stücke und kann Valerie natürlich wieder sofort befreien. Aber nur für kurze Zeit, denn es muß ja nicht nur ein Weg weg von der Insel gefunden, sondern auch Onkel Max befreit werden und dabei... Klar, business as usual..., wenn es eben nicht ein Boll KG Film wäre. Der Dr. weiß unumstritten, was er da auf die Leinwand bringen möchte - schließlich ist nicht zu übersehen, daß er wohl die meisten Actionfilme der letzten 30 Jahre gesehen hat -, hat aber doch arge Probleme bei der Umsetzung seines Wunsches einen schmuddeligen 80er Jahre Actioner nach Cannon Machart mit dem Humor des 90er Jahre Buddie Movie zu verbinden. Während die Action für eine derartige Low Budget Produktion in Ordnung geht, sofern man als Zuschauer das Gehirn auf Humor und Gelassenheit schaltet, sie sogar teilweise mit recht effektiver CGI aufgemöbelt wurde, hapert es dann doch gewaltig an den Gags, die Boll mit einer fast schon liebenswerten Naivität immer wieder versucht in seinem bisher tatsächlich besten Film unterzubringen. Nicht nur daß kein einziger von ihnen zünden möchte, sie wirken in den meisten Fällen auch noch völlig deplaziert. Boll fehlt es einfach am richtigem Timing, was er ja schon mit Postal eindrucksvoll unter Beweis stellte. Ich sehe hier wirklich sein größtes Defizit, und das will schon was heißen, bedenke ich die Größe all seiner anderen Defizite als Regisseur. Man muß dennoch immer wieder schmunzeln, denn gerade Bolls vergebliche Versuche für gewollten Humor zu sorgen katapultieren Far Cry zusätzlich in ungeahnte Höhen der Trashskala, deren Zeiger schon allein durch die Wahl des Hauptdarstellers ordentlich ausschlagen. Nichts gegen Till Schweiger - man muß seine Filme nicht anschauen-, aber worin zum Teufel noch einmal sieht Boll in ihm die Befähigung zum Actionstar? Sicherlich, Far Cry erfordert keine Charakterdarsteller, doch braucht so eine Hauptrolle als Jack Carver, der immerhin Ex-Mitglied irgendeiner ultraharten Spezial Kampftruppe sein muß, doch auch irgendwie eine echte Grundcoolness und nicht irgendeine angestrengte Grundspitzbubenhaftigkeit. Mein Gott, da hampelt immer noch der Manni aus Manta Manta über Dr. Kriegers Schreckensinsel, die sich auch nur als ein Sägewerk entpuppt, und nicht ein adäquater Dudikoff- oder Norrisersatz. Schon allein Schweigers Näseln konterkariert doch jeglichen Ansatz einer ihm innewohnenden Gefährlichkeit. Unglaublich wie gnadenlos Schweiger als Actionhero, trotz annehmbarer Physis und Ottokatalogantlitz, auf der Strecke bleibt. Man kann das alles nur mit Humor nehmen, mit viel Humor. Dagegen macht der Rest des Casts eine recht ordentliche Figur. Emmanuelle Vaugier ist leckeres Püppchen, Natalie Avelon gemeines Püppchen, Ralf Moeller halt Ralf Moeller - man erwartet ja schon eh gar nichts mehr von ihm – und Chris Coppola als bedauernswerter Versuch eines Sidekicks eben das ärmste Schwein. Die Spreu vom Weizen vermag dann aber wieder einmal Udo Kier zu trennen. Es ist einfach nur göttlich, wie er sich da mit all seiner Professionalität noch durch den dümmsten C-Movie Quark spielt. Welch eine Würde er noch der albernsten Rolle verleihen kann. Allein Udo Kier ist Grund genug Bolls Film anzuschauen. Aber bei allen Makeln, die Far Cry gar nicht erst zu vertuschen versucht, die er so offensichtlich zur Schau stellt, wie ein Typ in Jogginghosen und Cowboystiefeln, Far Cry ist grundsätzlich kurzweilig und kann sich eines gewissen Unterhaltungsfaktors nicht erwehren. Echter Trash halt, nicht diese auf Trash gebürstete Postmoderne. Ein Dr. Uwe Boll Film ist wie ein Skisprung Michael Edwards. Die Spannung ergibt sich aus der Sorge, daß jemand verletzt werden könnte.
5/10 Punkte
13 Kommentare:
5 Punkte sind für ´nen Boll ja erstaunlich gut, besitzt fast schon Meisterwerk-Status. ;)
Selbst wenn es nur die 16 Filme des Doctors gäbe,... eher nicht.;)
Warum er dabei ein Hawaihemd tragen muß? Ach, ... ich wollte ja nicht graben.
Nice One! :D Ne, den Film schau ich mit Sicherheit nicht an. Dann kram ich lieber gleich noch mal das Spiel raus... ;-)
Ne, den Film schau ich mit Sicherheit nicht an.Sag niemals nie.^^
Als Trashfan werde ich "Farcry" auf jeden Fall noch ansehen, wobei ich bei Herrn Boll sowieso nix erwarte.
"Boll fehlt es einfach am richtigem Timing, was er ja schon mit Postal eindrucksvoll unter Beweis stellte."
Haaa, endlich versteht mich mal einer! ;)
wobei ich bei Herrn Boll sowieso nix erwarte.Was dann ja eigentlich doch wieder eine gewisse Erwartungshaltung ist.:D
Größtenteils Zustimmung, wobei man hier sagen muss, dass Dr. Boll hier echt genau weiß, was er tut. Der Film will genau das sein, was Boll nämlich nur kann - Trash. Hier ist das Ganze aber nicht unfreilweiig wie in vielen anderen seiner Filme, sondern stets gewollt (billig und "schlecht"). Schweiger ist für diesen "Awesome-Rotz" die perfekte Besetzung und vorallem Kier (best. actor. ever., ich liebe ihn einfach!) und Moeller nehmen sich selbst auf den Arm. Ist die DVD uncut, weißt Du das (und mit AK?)?
Naja, ich möchte ja nicht abstreiten, daß Boll schon versucht den Trashgehalt ein wenig zu puschen, ob es dann aber so rüber kommt wie er sich gedacht hat, ist eine andere Frage.^^ In jedem Fall schönster Action Trash. Die Verleihversion ist offensichtlich geschnitten. Wobei ich mir manchmal nicht sicher war, ob sich nicht doch um schnöde Anschlußfehler handelte. Carver läuft plötzlich mit Weste durch den nächtlichen Wald, in der direkten Szene zuvor hatte er noch sein Hawaihemd an.*gg* Naja. Audiokommentar habe ich nicht entdeckt, dafür aber Interviews, Making of und all die anderen Dinge, die ich mir nie anschaue.;)
Ich lese gerade auf der OFDB, daß die DVD Verleihversion, die meinem Review zugrunde liegt, mit 91 Minuten (84 Minuten ohne Abspann) als ungeschnitten gilt. Auf Blu-ray ist anscheinend eine SE mit einer Lauflänge von 94 Minuten (88 Minuten ohne Abspann). Auf beiden ist wohl auch ein Audiokommentar in englisch und deutsch vom Doktor zu finden. Ja, verstehe das einer wer will.
Tja, da will man wohl das neue Medium pushen ... ;-)
Die Blu-ray kommt doch erst in Fahrt, sobald die Brenner- und Rohlingpreise weit, weit, weit unter dem jetzigen Niveau liegen. War bei der DVD auch nicht anders. Da kann die Industrie machen was sie will, Piratebay, Bandbreite und Co. sitzen am längeren Hebel. Vier Minuten mehr Boll hin oder her.^^
DVD 25 FPS, BluRay 23,976 FPS. Also keine 4 Minuten mehr. ;)
Ja, da muß man auch erstmal drauf kommen. Ich dachte der Unterschied besteht nur bei Pal und NTSC. Aber so kommen wenigstens alle in den Genuß bollscher Anschlußfehler.*gg*
Kommentar veröffentlichen
Kommentare zu Blogeinträgen, die älter als sieben Tage sind werden weiterhin von mir moderiert. Sei freundlich, fair und bleib beim Thema.