Fast Forward

W. - Ein mißverstandenes Leben

Wir sehen W. während des Aufnahmerituals in der Studentenverbindung. Alkohol. Wir sehen W. Autofahren. Alkohol. Wir sehen W. in der Bar. Alkohol. Wir sehen W. mit seinem Vater streiten. Alkohol. Wir sehen W. auf dem Ölfeld. Alkohol. Wir sehen W. bei den Anonymen Alkoholikern. Erfolg. Oliver Stone hat in den letzten Jahren viel Durchschnitt gedreht und zuletzt mit seinem World Trade Center Film befremdlichen Schwachsinn abgeliefert. Jetzt hat auch endlich sein neuester Erguß den Weg in die Verwertungskette außerhalb der USA gefunden. Im ORF lief er schon, in der Schweiz gab es ihn als Zeitschriftenbeilage und in Deutschland ist er seit vorgestern auf DVD oder BluRay erhältlich. Zusätzlich wird er morgen von Pro7 im Free-TV ausgestrahlt. Und ganz ehrlich, der Film hat es auch nicht anders verdient. Eine Satire möchte er sein, über den wohl streitbarsten US Präsidenten seit Richard Nixon. Die 130 langen Minuten Oliver Stone Film können diesem Anspruch jedoch höchstens in deplazierten Ansätzen gerecht werden. Ja eigentlich ist das ein Film über einen Mann, der dem Alkohol verfallen nie den Arsch hoch bekommt, nie weiß was er eigentlich machen möchte, außer mal ein Baseball Team zu führen. Dessen Verfehlungen vom einflußreichen Daddy aus der Welt geschafft werden und der unter der gefühlten Bevorzugung seines Bruders leidet. Ein Hallodrio, guten Herzens, keinesfalls dumm, ehrgeizig und nur von seiner vielleicht einfältig wirkenden Art ausgebremst. Wir sehen W. als christlichen Antialkoholiker. Wir sehen W. als erfolgreichen Wahlkampfhelfer seines Daddys. Wir sehen W. gelobt von seinem Daddy. Wir sehen W. Wahlkampfplattidüden auswendig lernen. Wir sehen W. als Präsidenten der USA mit seinem karrikaturierten Stab durch die Prärie laufen, den Krieg vorbereiten und dabei falsch beraten die Warnungen seines Außenministers ausschlagen. Das alles aber so harmlos, so überhaupt nicht Stones Anspruch von einem Kino, das Herzen und Nerven der Zuschauer beansprucht erfüllend, wie man es von einer Satire über George W. Bush nicht erwarten darf und kann. Hier mal W.s Brezeltragödie, da mal längst von der Geschichte bestätigter Gossip. Dick Cheney darf von der Weltherrschaft fabulieren, Condoleezza Rice darf abnicken. Und dazwischen der nette Cowboy, von seinem Daddy nie wirklich anerkannt. Das wirkt als ob Stone in seiner Altersmilde niemanden wirklich auf die Füße treten wollte. Weder denen, die den Krieg brachten, das Land außenpolitisch fast isolierten und noch dazu in eine Wirtschaftskrise stürzten, noch denen, die diese Menschen wählten und jetzt endlich den Change Knopf drückten. Überflüssig wie ein verschluckter Brezel während einer Baseballübertragung im Fernsehen, daran können die durchweg soliden Leistungen des Schauspielerensembles auch nichts mehr ändern und auch keine Flasche Jack Daniels. Durchgefallen.

4,5/10 Punkten

8 Kommentare:

Rajko Burchardt hat gesagt…

Joa, glaub ick dir uffs Wort.

tumulder hat gesagt…

Dazu noch dermaßen TV mäßig produziert, daß HBO den wegen Qualitätsmängel an Sat1 verschenkt hätte.;)

Anonym hat gesagt…

Die schnelle Veröffentlichung macht sich absolut bemerkbar. Nicht nur dass keiner der Schauspieler seinen normalen Synchronsprecher bekommen hat, der von Brolin z.b. ist ein Witz, die Übersetzung ist auch äußerst holprig. Auf deutsch also erst recht nicht zu empfehlen.
Der Film war an allen Ecken und Kannten höchst durchschnittlich, ganz so schlimm wie hier sehe ich das aber nicht.

Anonym hat gesagt…

Word!Word!Word! Es kam mir so vor, als plätschere der nur so vor sich hin. Das war alles viel zu harmlos geraten, die Bissigkeit bliebt vollends auf der Strecke. Und das soll eine Satire sein? Stellenweise wurde man zwra daran erinnert (Gespräch beim Essen über die neuen Verhörmethoden) oder etwa die Wanderung des Stabes durch die Landschaft, doch von Stones früherer Klasse ist nunmehr beinahe nichts mehr zu spüren. Und das ist wirklich schade.

Anonym hat gesagt…

Der Film war sogar noch schlechter, als hier besprochen. Puha, richtig schlecht. Satire? Wegen der eingestreuten Original-Fehlzitate von George W.? Ein einziges Ärgernis, der Film. Halt, die besten Momente waren die Original-Aufnahmen, insbesondere der Anit-Kriegs-Demos im Vorfeld des Irak-Kriegs. Es kam kurz die Stimmung aus "Nixon" auf. Für 1-2 Minuten.

Flo Lieb hat gesagt…

Dachte mich zu erinnern, du hättest ihm nur 2/10 gegeben. Und ich als ihn gestern gesehen hab, dachte ich mir: Boah, jetzt findest du den auch noch besser als Tumulder. Aber wie ich grad seh, ist es sogar andersrum. Muha. Wie dem auch sei, wir sind uns beide ziemlich einig, was die Kritikpunkte angeht. Außer die Qualität des Filmes, den ich auf Blu-Ray gesehen hab und der mir nicht billig vorkam. Vielleicht hab ich das auch nur falsch verstanden, von wegen Qualität und so.

tumulder hat gesagt…

Von Bildqualität war nicht die Rede und weniger als 4,5 Punkte konnte ich ihm dann aufgrund der ordentlichen Schauspieler auch nicht geben. Immerhin macht der Brolin seine Sache einfach gut, sofern es das Drehbuch zuläßt.

Anonym hat gesagt…

Ich sehe es teils, teils. Ganz so dramatisch wie tumi sehe ich es nicht, denn vor allem Brolin hat als W. echt was drauf und rettet den Streifen in so mancher Hinsicht, aber der fehlende Biss ist mir natürlich auch aufgefallen. Den Vorwurf der "TV-Inszenierung" sehe ich dagegen nicht. Unterm Strich dennoch defintiv Stones schwächster Präsi-Film, aber auf 6,5/10 komme ich trotzdem noch und ich denke mal, dass die BD so ab und an doch noch mal in den Player wandern wird! :-)

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