Man stelle sich das einmal vor. Da ist so ein Typ, keinen richtigen Schulabschluß in der Tasche aber intelligent. Der sammelt Comics und Jazzplatten, arbeitet im örtlichen Krankenhaus als Archivar obwohl zu Hause das Chaos herrscht. Ständig unzufrieden mit dem Leben und dem Kleingeist der Menschen bleibt ihm nur der Zynismus und seine Freundschaft zu Robert Crumb (Fritz the Cat), der jedoch schon bald nach San Francisco zieht und als Mitbegründer der Comic Underground Szene großen Erfolg hat. Harvey Pekar, der Typ über den wir hier eigentlich sprechen, möchte mehr aus seinem Leben machen und beginnt die Geschichten eben seines Lebens aufzuzeichnen. Ihm schwebt eine total neue Form des Comics vor, nicht der übliche Superheldenkram für Kinder - Comics für Erwachsene, das echte Leben. Crumb ist wider den Erwartungen Harveys von den Stories seines Freundes begeistert und beschließt sie zu illustrieren. American Splendor wird ein Erfolg in der Comic Szene, der Harvey schließlich tatsächlich ein neues Leben, eine Frau und ein paar Auftritte in der David Lettermann Show einbringt. Seinen Job im Krankenhaus wird er jedoch nie aufgeben können. Man könnte jetzt über die gelungene Verschmelzung von Biografie, Comic und Spielfilm schreiben, abwägen wie viel Inszenierung und wie viel tatsächliche Begebenheit in Harvey Pekars Comics und damit auch in diesem Film steckt. Aber dies würde ihm einfach nicht gerecht. Denn American Splendor ist vor allem schönstes Erzählkino, das den echten Harvey Pekar und die vom auf den Punkt besetzten Paul Giamatti gespielte Kunstfigur Harvey Pekar in wunderbarer Art und Weise nicht gegenüberstellt, sondern tatsächlich zu einer Person werden läßt. Wie er da ständig mit den Unwägbarkeiten des Alltags hardert, sich über ältere feilschende jüdische Frauen an der Supermarktkasse aufregt, er darf das ja, schließlich ist er selbst Jude und die Frauen in seiner Familie sind nicht anders. Ein wenig erinnert das an einen Woody Allen Film aus den 70er oder 80er Jahren, aber nur ein ganz klitze kleines bischen, denn Harvey Pekar ist keinesfalls der New Yorker Intellektuellen-Clown, sondern eher der Working-Class-Anti-Hero wie er da ständig gegen die Konventionen des Bürgertums rebelliert und dennoch versucht sie zu erfüllen, es dann aber immer wieder bleiben läßt. Der Abwasch ist halt seine Achillesverse. Da kann man sich wirklich darüber freuen, daß er tatsächlich eine Frau findet, die zu ihm paßt, den Krebs besiegt und letzten Endes dann doch ganz glücklich mit seinem Leben werden durfte. Schließlich hat man ihm das den ganzen Film über gewünscht.
7,5/10 Punkte
4 Kommentare:
Jawohl, jawohl. Da sind wir (endlich) mal wieder völlig einer Meinung. Das kann ich genaus so und zu 100% unterschreiben. Wobei: Ich habe nen halben Punkt mehr gegeben... ;-)
Wollte ich schon immer mal sehen den Film. Bin ja ein Fan von Giamatti.
Und Tumulder, du als Allen-Fan: erinnert das an einen Woody Allan Film - tz tz tz ;-)
Ja, ja. Wollte erst erinnert an Annie Hall schreiben, fand das dann aber doch ein wenig zu einengend. So kann's kommen.;)
Es sind Filme wie diese, die ich grundsätzlich interessant finde, aber wahrscheinlich nie sehen werde, weil sie mir im Kino und ab dann für immer durch die Lappen gegangen sind - im TV verpasse ich sowas, kaufen will ich es nicht extra, ausleihen tue ich eh nix. So ist das...
Mal ein kleiner Klage-Exkurs.^^
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