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Snatch ist Geschichte, Pulp Fiction sowieso. Spätestens seitdem Jonathan Glazer 2002 mit Sexy Beast dem spaßigen Gangster Flick mit all seinen schrägen Vögeln und lustigen Toden ein bitterböses und stark unterschätztes Requiem gönnte herrscht im Genre ein ernsterer Ton. Das hat Guy Ritchie aber anscheinend nicht wirklich erkannt, der größte Tarantino Fanboy des britischen Kinos. Nach zwei Mega-Flops in Folge versucht er mit RocknRolla wieder an vergangene und erfolgreichere Tage anzuknüpfen, ortet die Figuren seines neuen Coups erneut in der Unterwelt Londons. Der einzige Unterschied zu seinen beiden Überraschungshits in den 90ern ist dann auch lediglich die Größe der Fische. Läßt er nicht kleine gegen große Fische, sondern den großen Fisch gegen den Blauwal antreten. So jedenfalls der Anschein, doch wir wissen - am Ende kann es nur den RocknRolla geben. Das wäre gar nicht so tragisch, hecheln wir doch alle wieder nach ein wenig mehr Komödie im Gangsterfilm, doch die RocknRolla innewohnende Stagnation, die er nur begrenzt mit seinem ernsteren Ton und der zurückhaltenderen Form vertuschen kann, führt dann doch zu einer einzigen Enttäuschung. Da tauscht er Statham und Graham einfach gegen Butler und Elba aus, versucht den Clou seines Revolvers mit den Typen aus Snatch zu erzählen. Sicher, das sieht teilweise gut aus, erweckt den Eindruck einer dynamischen und charmanten Reflektion seines eigenen Schaffens. Aber die heutzutage nur noch albern wirkende Zitatwut der 90er Jahre Postmoderne verrät ihn als jemanden, der immer noch in der Vergangenheit lebt. Da ist kaum Originelles zu entdecken und schon gar nichts Neues. Der Russe ist jetzt kein durchgeknallter Waffenhändler mehr, sondern der superreiche distinguiert durchgeknallte Oligarch, der ausgebuffte Barnacle Boxer im heruntergekommenen Trailer ist nun der ausgefuchste Junkie im Altbau. Ritchie wiederholt sich zum wiederholten mal, das ist wenig, sehr wenig. Natürlich kann der Film trotz allem unterhalten, doch fehlt ihm das gewisse Etwas, das einem über den alten Wein in noch nicht einmal neuen Schläuchen gänzlich hinwegsehen läßt. Die Figuren der Geschichte fallen wie gewohnt oberflächlich aus, sind nicht mehr als reine Karikaturen ihrer Klischees, was in diesem Genre nicht unbedingt einen Makel bedeutet, doch fehlt weitestgehend das verbindende Element des skurrilen Situationsswitzes, des Unvorhergesehenen in ihrem Handeln, das ihnen doch ein wenig Leben einhauchen könnte. Erschreckend teilnahmslos verfolgt man dann auch One Two und seine Kollegen während der erschreckend offensichtlichen RocknRolla-Werdung, zumal Ritchie die eine oder andere Länge bis dahin auch nicht umschiffen kann und seinen Film um gute 20 Minuten zu lang werden läßt. Wie daneben Ritchie oftmals nicht nur mit dem Cast liegt, Butler fehlt es einfach an der nötigen Kleinkriminellenglaubwürdigkeit und Thandie Newton kann sich auch diesmal nicht über das schicke Beiwerk hinaus irgendetwas anderes erspielen, kann selbst am lieblos zusammengestellten Soundtrack erahnt werden. Wenn der angebliche RocknRolla beim Posen mit dem alten Clash Hit Bankrobber, der alles nur kein RocknRoll ist, in Szene gesetzt wird, dann geschieht das nur aufgrund des so gerade noch passenden Textes des Songs. Und klar, The Clash ist bei iTunes auch irgendwie unter Rock zu finden. RocknRolla selbst paßt dann auch irgendwie so gerade noch...
6/10 Punkte
4 Kommentare:
Wenn ich das Bild allein schon sehe, vergeht mir jegliche Lust - so was "cooles" war doch vor 10 Jahren in, oder? ^^
Irgendwo habe ich in einer schönen Kritik etwas von traurigem Deja-vu gelesen und mich dann darüber geärgert, da ich das auch gerne geschrieben hätte.^^
Naja, kann deiner Kritik nicht wirklich zustimmen, auch hier empfiehlt sich im Grunde eine Zweitsichtung, worauf du aber wahrscheinlich wie bereits im anderen Fall keine große Lust haben wirst.
Könnte man so unterschreiben. Der Film vergibt viel Potential.
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