In einem kleinen Ort in den spanischen Pyrinäen sorgt der Fund einer Frauenleiche in einem Sonnenblumenfeld für ein wenig Abwechselung in den regionalen Medien. Hier wo die Jungen schon längst ihre Zelte abgebrochen, die Felder und Einsamkeit den Alten überlassen haben. So schöpfen die Zurückgebliebenen all ihre Hoffnung für die Zukunft der Region aus der Entdeckung einer Höhle ganz in der Nähe ihrer von der Regierung vergessenen Heimat. Die Höhle könnte sich als Motor für die touristische Erschließung der Gegend erweisen, ... ein wenig mehr Geld von Besuchern, mehr Infrastruktur vom Staat. Kurzum, es wäre vielleicht die Rettung ihrer Heimat, deren Bürgerhäuser, Kneipen und Straßenbeleuchtungen langsam vor sich hinbröckeln. So ist dann auch die gesamte Gemeinde anwesend als Esteban, der staatliche Höhlenforscher aus der fernen Universität, im Ort eintrifft, um die kommende Attraktion des zukünftigen Landtourismus Nordspaniens zu untersuchen. Doch die Höhle entpuppt sich als Blindgänger, der wenige Meter hinter dem Eingang in einer Sackgasse endet. Als Esteban und dessen Assistent Pedro die Höhle wieder verlassen, um Estebans Freundin Gabi, die die Beiden mit dem Auto abholen sollte, entgegen zu laufen, finden sie Gabi verletzt in ihrem Auto, das abseits der Straße von einem Baum zum stehen gebracht wurde. Gabi wurde offensichtlich Opfer einer versuchten Vergewaltigung und der Wagen verunfallte bei ihrem Fluchtversuch. Mit vereinten Kräften bekommt man den Wagen wieder auf die Straße und versucht das Dorf zu erreichen. Während die Drei langsam die verlassene Waldstraße entlang fahren begnegen sie einem Fußgänger. Gabi hält ihn, nur von hinten und undeutlich im Rückspiegel gesehen, für den Täter, und so geschieht unausweichlich das Tragische. Ein Unschuldiger muß sterben, die Opfer eines Verbrechens werden zu den Tätern eines neuen Verbrechens. Aber da gibt es ja noch den Dorfpolizisten Tomás, der einen Weg findet das Geschehene ungeschehen zu machen.
Jorge Sánchez-Cabezudo erweist sich mit seinem ersten Langfilm als hervorragender Erzähler, der es trotz der Vorhersehbarkeit und der langsamen Gangart seines Filmes blendend versteht die Spannung auf einem recht hohen Niveau zu halten. Dazu bedient er sich des einfachen Kniffs immer wieder ein Stückchen in der Chronologie der Ereignisse zurückzublicken, um die neuen Figuren der Geschichte ausführlicher als gewohnt einzuführen. Zum einen bleiben seine Figuren auf diese Weise keine anonymen Handlanger des Plots, gibt er ihnen eine nachvollziehbare Motivation für ihre Handlungen mit auf den Weg, zum anderen spielt Sánchez-Cabezudo so auch ganz klassisch mit dem Wissen der Zuschauer. Nahezu jede einzelne Szene seines Films findet mit fortschreitender Handlung noch einmal ihre Bedeutung im späteren Verlauf der Geschichte. Ein Zahnrad greift in das nächste. Das ist ja auch das Grundthema des Filmes, der vom Schicksal, Zufällen und Wechselwirkungen erzählt, und das, trotz aller Ernsthaftigkeit der Inszenierung und des Themas, auf ganz wundervolle Art, gewürzt mit viel augenzwinkernden Humor, vollbringt. In kleinen Details schildert er das Dorfleben der Bewohner, ohne sich jedoch über das Leben auf dem Lande lustig zu machen oder dessen Bewohner als Trottel darzustellen. Die Nacht der Sonnenblume könnte man auch als Plädoyer für das ländliche Leben gelten lassen, hier, wo jeder seinen Platz in der Gesellschaft findet und großstädtisches Ellenbogendenken eine Unbekannte zu sein scheint. Natürlich findet der Film, und das halte ich für eine seiner größten Stärken, dann auch ein moralisch unmoralisches Ende, nicht ohne das wirklich Wichtige aus den Augen zu verlieren. Schließlich geht es letztendlich um die Menschen des Dorfes und deren Zukunft. Ich möchte hier ausdrücklich an die deutschen Distributoren und Filmverleihe appellieren, nehmt euch diesem Leckerbissenm endlich an. Wenigstens so eine kleine Veröffentlichung auf DVD, da wird ja sonst auch jeder Mumpitz aus der C-Film Hölle Hollywoods in einer Steelbook Edition rausgehauen.
8/10 Punkte
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