Fast Forward >> Pusher II

Mit der Fortsetzung seines äußerst beeindruckenden Debutfilms Pusher hätte es sich Nicolas Winding Refn einfach machen können. Einfach an der Stelle weiter machen, an der er seinen von den großen Fischen gejagten kleinen Fisch Frank am Ende seines Films verlassen hat. Doch es geht dem Dänen offensichtlich gar nicht mehr um die immer wieder von neuem erzählte Crimestory aus dem Millieu, es geht ihm um die Menschen in den immer wieder von neuem erzählten Crimestories aus dem Millieu. Es geht um Tonny, diesen riesigen Kerl mit Glatze, sein ganzer Körper mit Tätowierungen überseht. Auf seinem Hinterkopf steht in großen Lettern RESPECT. Respekt ist jedoch genau das Element in Tonnys Leben, das ihm ständig verweigert wird. Egal ob es die Huren sind, die sich über seine nicht vorhandenen Steherqualitäten amüsieren oder ob sein Vater, in der Szene nur Der Schmied genannt, ihn gar nicht erst in seiner „Werkstatt“ arbeiten lassen möchte. Das mag an Tonnys chaotischen Junkiedasein liegen. Daß er jedoch erst durch die offensichtliche Nichtbeachtung seines Vaters zu diesem Junkie wurde, der er jetzt ist, ist nicht auszuschließen. Refn läßt in seiner Art der Erzählung viel Interpretationsspielraum. Obwohl sich Tonny seinem Vater gegenüber größte Mühe gibt Vergangenes wieder gut zu machen und sich bei ihm endlich ein wenig Respect zu erarbeiten, behandelt der Alte ihn wie einen Fremden. Ja, noch viel schlimmer, er macht keinen Hehl daraus, daß ihm Fremde mehr am Herzen liegen. Vielleicht ist Tonny auch nicht der Klügste, wenn er dem Schmied einen gestohlenen Ferrari in die Werkstatt stellt, ohne daß es eine Bestellung für ein solches Luxusauto geben würde. Refn steigert die Demütigungen, die Tonny über sich ergehen lassen muß, äquivalent zu der Anzahl von Strohhalmen, die Frank im ersten Teil auf der Suche nach einer Lösung seines Schuldenproblems nacheinander wegbrachen und läßt die kleinen Gaunergeschichten so noch mehr in den Hintergrund treten. Obwohl auch Pusher II als Krimi-Drama daher kommt, liegt der Fokus unverkennbar auf dem Vater-Sohn-Konflikt, den Refn im Finale ins Unermeßliche zu steigern weiß, dabei aber niemals die menschliche Dimension aus den Augen verliert. Doch diesmal gönnt er seinem „Helden“ ein optimistischeres Ende, als er es Frank im ersten Teil noch zugestehen wollte. Was in Anbetracht des Sujets, in dem sich Refns Protagonisten bewegen, nicht unbedingt die Erlösung von allen Problemen bedeuten muß. Wurde Pusher schon zu einem großen Teil von der Leistung seiner Darsteller getragen, legt Mads Mikkelsen hier in der Hauptrolle nochmal etliche Schüppen an Schauspielkunst drauf. Mikkelsens Tonny ist fast schon beängstigend echt.

8,5/10 Punkte

3 Kommentare:

Flo Lieb hat gesagt…

Wenn du so n Fan von Winding Refn bist, könnte BRONSON was für dich sein.

tumulder hat gesagt…

Vielleicht.;)

HappyHarryMitDemHarten hat gesagt…

Und dann noch gleich "Bleeder" und "Fear X" - Refns Filme sind bisher nämlich alle toll...

Kommentar veröffentlichen

Kommentare zu Blogeinträgen, die älter als sieben Tage sind werden weiterhin von mir moderiert. Sei freundlich, fair und bleib beim Thema.