„Gehen wir nach Mexiko, da duftet es nach Rosmarin, der Schnaps ist hochprozentig. Da wird es Reis mit Bohnen geben und nichts von dieser Scheiße hier ist dann noch von Bedeutung.“
Die Scheiße in der die Brüder Richard und Seth Gecko waten haben sie sich selbst eingebrockt. Die beiden Inkarnationen des überzeichneten und hart gekochten Gangsters der tarantinoesken Movie Movie Welt ziehen eine Blutspur hinter sich her, die sich schon kurz nach Seths Flucht aus dem Gefängnis, einem Banküberfall plus eines unglücklichen Zwischenfalls in einem Kiosk auf 5 Texas Rangers, 8 Polizisten und 3 Zivilisten kumuliert. Die Geisel, die im Kofferraum ihres Mercury Cougar liegt wird auch nicht mehr lange überleben. Richard hat da nämlich so ein kleines Problem mit seinem sexuellem Trieb und ein ausgeprägtes Problem mit der Einordnung des Bedrohungspotentials seiner eventuellen Opfer, was seinen Zeigefinger schon mal den Abzug schneller durchziehen läßt als eigentlich nötig. Der Haufen Scheiße in den sich beide befinden wächst schneller an als sein Bruder Seth Pläne schmieden kann, die die Geckos auch mal unblutig aus einer Situation entkommen lassen könnten. Seth ist eigentlich ein ganz umgänglicher Typ solange man als eventuelles Opfer seinen deutlich ausformulierten und eindeutigen Anweisungen folgt, die fairerweise auch die Konsequenzen der Nichtbefolgung beinhalten. El Ray ist ihr Ziel, doch um dort hinzukommen müssen sie es über die Grenze schaffen. Bei ihrem Steckbrief ein Problem. Doch wie der Zufall es so will ergibt sich da eine viel versprechende Möglichkeit in Form eines riesigen Wohnmobils, gelenkt vom abtrünnigen Baptisten-Prediger Jacob Fuller und seinen sich noch in der Pubertät befindenden Kindern Kate und Scott. Seth verdeutlicht Jacob mit Nachdruck, daß die Gecko Brüder jetzt zur Reisegruppe gehören. Nachdem die Grenze unblutig passiert ist und Jacob samt familiären Anhang in Seths Buch der coolen Leute steht, kehren sie im Titti Twister ein. Dort will sich Seth mit seinem Kumpel Carlos im Morgengrauen treffen um ihm die Tantiemen für den Aufenthalt in El Ray zu übergeben. Der Gangsterruhestand in Mexico ist nicht ganz billig. Das Titti Twister ist eine Trucker und Biker Kneipe, die Damen sleazy, die Kerle narbig. Kein guter Ort um Stress zu machen, schon gar nicht wenn der Stress in einer blutigen Auseinandersetzung endet. Keine guten Aussichten für einen Gecko. Und es kommt noch schlimmer.
Die Barmänner, Gesellschaftsdamen und Partyluder zeigen nachdem doch wieder Blut vergossen ist ihr wahres Gesicht, verwandeln sich in gottverdammte Vampire. Nicht in die romantischen eines Bram Stokers, sondern in die dämonisch bösen des mexikanischen Volksmundes. Da läßt es Rodriguez splattern, pfählen und Gliedmaßen abreißen, daß der Zuschauer sich schnell in Braindead Dimensionen wähnt. Doch während sich dort der Spaß aus der Inflation der Gedärm und Blutfontänen Slapstik speißte, generiert er sich in Rodriguez Film immer noch aus der Actionpose und den dazugehörigen markigen Sprüchen. Das Gematsche bleibt bis zum Schluß eine zünftige Kneipenschlägerei, trotz all der geplatzten Dämonenköpfe, aufgerissenen Hälse und durchbohrten Herzen. From Dusk till Dawn ist ein filmisches Chamäleon, das schneller die Farbe des Genres wechselt als der Zuschauer Popcorn buchstabieren könnte. Gerade noch Roadmovie, jetzt schon Splattermovie. Doch immer schimmert unter der Oberfläche das Grundgerüst des Westerns, durchaus italienischer Machart.
Quentin Tarantino hat, dem damals noch jungen, Robert Rodriguez From Dusk till Dawn auf dem Leib geschrieben und der wußte das Geschenk seines mittlerweile besten Kumpels und Gönners genial umzusetzen. Bei aller vielleicht ab und an angebrachten Häme gegenüber Rodriguez als Drehbuchautor und den leichten narrativen Schwächen, die seine Filme, die komplett auf seinem eigenem Mist gewachsen sind, mit sich bringen - From Dusk till Dawn ist handwerklich eine wahre Wonne für den Filmfreund. Kamera, Schnitt, Score und Soundtrack über jeden Zweifel erhaben. Anstatt das auch schon damals für einen Genrefilm knappe Budget von ungefähr 20 Millionen Dollar ausschließlich für die Redundanz an Special Effects zu verbraten investierte Rodriguez lieber in einen unvergeßlichen Cast, der nicht nur mit George Clooney, Harvey Keitel und neben Salma Hayek auch ganz besonders Juliette Lewis, die ihre Rolle des sexuell naiven und leicht beeinflußbaren Mädchens aus Cape Fear brillant neu interpretiert, begeistern kann, sondern auch mit Scarface Dany Treyo, Blaxploitation Onkel Fred Williamson, Fleischwunden Gott Tom Savini und Cheech Marin gleich in 3 Rollen eine einzige Huldigung an den Exploitation und Genrefilm darstellt. Die auch schon 1996 als limitiert gelungen anzusehenden Effekte unterstreichen das ganze Ambiente noch einmal und wenn man From Dusk till Dawn anschaut fragt man sich schon warum Rodriguez' Grindhouse Beitrag Planet Terror überhaupt noch nötig war. Er hatte doch eigentlich schon alles gesagt. From Dusk till Dawn, der ja die Hommage schon im Titel trägt, ist eine Zitatsammlung unbeschreiblichen Ausmaßes, die einem selbst nach der x-ten Sichtung immer wieder noch einen kleinen Leckerbissen bereit hält. Und wenn es nur Scott ist, der neben des Tragens des Precinct 13 T-Shirts auch noch Gitarre spielt, Deliverance läßt grüßen. From Dusk till Dawn ist das Werk zweier Liebhaber, die ihre Schwärmerei über den Genre- und Exploitationfilm in Bildern und Ton einfangen.
9/10 Punkte
8 Kommentare:
Word!
Aber kein Wort zur Musik? Na Gut, aber sonst ist ja alles Wesentliche zu dem Film gesagt worden... ;-)
Gute Frage, ich fand ich war fertig.;) Aber ganz ehrlich, bei einem Film aus der Rodriguez/Tarantino Film noch groß Worte über die Musik zu verlieren, die da rüber hinausgehen, daß Score und Soundtrack über jede Zweifel erhaben sind, ist eigentlich so überflüssig wie Planet Terror.:)
Rodriguez/Tarantino Welt.
Absolute Zustimmung. Großes Kino von Genrefreunden für Genrefreunde.
Mehr gibts wirklich nicht zu sagen. Schönes Review zu einem genialen Film :)
jep. sowas könnten die zwei mal wieder machen und nicht so einen strunzlangweiligen Planet Valium.
From Dusk... hatte alles: Sex, Gewalt, Spass, Gore, Action. So muss das.
Hier war glaube ich sogar die Synchro erträglich.
@therudi
Wer kann eigentlich schon fließend Texanisch;)
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