Pandorum

Sofern überhaupt noch Raumschiffe im Kino durch die Galaxie fliegen, darf man  ja als Science Fiction Fan froh sein. In den letzten Jahren gab es nicht sonderlich viele von ihnen zu bestaunen. Weltraum Science Fiction, nicht zu verwechseln mit Sci-Fi, ist out. Aber das ist sein Genrekollege der Western ja auch schon seit einem halben Jahrhundert. Die Geschichten vom Aufbruch ins unentdeckte Land, die Suche nach neuen Lebensräumen, die Schilderung von gefährlichen Wilden und Gefahren, all die Entbehrungen, der Kampf ums Überleben. Die Weltraumgeschichten lassen sich nur allzu gerne als Allegorie Amerikas Besiedlung nutzen. Der Traum vom besseren Leben, der Entstehung einer neuen Gesellschaft. Von all dem erzählt auch Pandorum, anstatt wie so viele Sci-Fi Geschichten der letzten Jahre lediglich das zukünftliche Setting als reine Kulisse für ein dröges Gut gegen Böse Drama zu nutzen. Pandorum erzählt eine große Geschichte. Schade daß Christian Alvart (Antikörper) es nie wirklich fertig bringt, diese auch dem Zuschauer mitzuteilen.

Im Spieleklassiker System Shock erwacht der Protagonist aus einem langem Kälteschlaf und muß feststellen, daß die Besatzung des Raumschiffes mittlerweile tot, wahnsinnig oder zu Monstern mutiert ist. In Pandorum verhält es sich nicht großartig anders, hier ist es der Techniker Bower auf dem Raumschiff Elysium, dem dieses Schicksal widerfährt. Erschwerend wirkt sich dazu noch die durch den langen Schlaf ausgelöste Amnesie aus. Doch Bower ist nicht lang allein, es gelingt ihm seinen Vorgesetzen Payton ebenfalls aus seiner Kältekammer zu befreien. Gemeinsam ist man schlauer und kann wenigstens rekonstruieren, daß man sich auf einen Flug ohne Wiederkehr befindet, etwas grundsätzilich schief gelaufen ist und vor allem der Reaktor des Raumschiffes wieder neugestartet werden muß, um das eigene  Leben und das der übrigen vermuteten Besatzung zu gewährleisten. Bower macht sich auf die Suche nach dem rettenden Stromerzeuger, während Payton ihn von seiner Konsole aus durchs dunkle Raumschiff manövriert. Das ist Anfangs spannend, geheimnisvoll und für den Protagonisten auch ziemlich schmerzhaft, wenn Bower auf seiner Odyssee durchs Raumschiff in unvermutete Schächte fällt oder von aggressiven überlebenden Besatzungsmitgliedern erst einmal eins auf die Zwölf bekommt, bevor man sich einigen kann zusammen nach einem Ausweg zu suchen. Denn die zur Amazone herangewachsene Biowissenschaftlerin und der zum Indianer aufgestiegene Landarbeiter sehen sich wie Bower einer viel größeren Gefahr ausgesetzt, als daß sie weiterhin ihr eigenes Süppchen kochen könnten. Auf dem riesigem Raumschiff haust nämlich neben lebenden Schlafenden und dem Tod geweihten Wachen noch eine weitere Fraktion aus kannibalischen Mutanten, die ihren Fortbestand im metallenen Dunkeln vor allem durch frisches Menschenfleisch sichern.

Eigentlich hätte Pandorum eine herrliche Evolutionsparabel werden können, vielleicht ein schrulliger Weltraumschocker oder einfach nur ein Hide and Chase Flick. Umso ärgerlicher, daß Alvart sich offensichtlich nicht traute das sichtlich überladene Drehbuch ein wenig zu entrümpeln, um mehr Stringenz in die Story hineinzubringen. So sehr die Geschichte auch reizt, so hölzern kommt sie letztendlich daher. Meint zwischendurch erklärend zurückblicken zu müssen, verrät dem Spannungsbogen nützliche Details an der falschen Stelle. Propft hier noch einen Nebenplot und da noch einen für das Funktionieren des Filmes unwichtigen Charakter ein. So daß man irgendwann die Hoffnung verliert, der Filme hätte überhaupt noch einen Hauptplot. Den hat er überraschender Weise tatsächlich, doch will er irgendwie gar nicht zum zuvor durchlebten großen und absolut überflüssig finalem Epilepsigewitter der Actionkamera und Discostroboskopen passen. Am Ende steht ein unausgegorenes Potpourri aller, aber wirklich aller, Science Fiction Filme der letzten 30 Jahre, jedoch nicht auf dem Niveau der Begnadeten, sondern im Stile der Unsäglichen. Da meine ich Antje Traute als Nadia sogar einmal genauso drein blicken gesehen zu haben wie Milla Jovovich in Resident Evil.

Dennoch möchte ich nicht allzu hart mit Pandorum ins Gericht gehen, trotz all der handwerklichen und narrativen Macken. Denn das Bemühen wieder ein wenig mehr Subtext im zielgruppenorientiertem Mainstreamkino unterzubringen halte ich für grundsätzlich begrüßenswert. Auch wenn es in Pandorum weitestgehend in die Hose geht, immerhin bleibt am Ende ein außerordentlich großzügig ausgestatteter und alles andere als träger B-Movie, der sich in der Videothek wahrscheinlich besser machen wird, als auf der großen Leinwand mit der er sichtlich überfordert scheint.

6/10 Punkte

10 Kommentare:

Marcus kleine Filmseite hat gesagt…

Wenn ich beide Augen zukneife, kann ich Dir vielleicht noch zustimmen ;)

tumulder hat gesagt…

Inwiefern?

jotdot hat gesagt…

Ich bin etwas enttäuscht, dass der Spannungsbogen schon bald zusammengeklappt ist. Nach der ersten halben Stunde hatte der Film schon die Chance, unter meine Favoriten zu kommen, auch vom Plot her. Ich hab schon von cube'esken Ausmaßen geträumt. Doch das hat dann leider doch nicht so hingehauen. Denn wiedermal bestätigt mir der Film: Umso länger und deutlicher man etwas sieht, desto weniger unheimlicher wird es. und das war bei diesen Viechern der Fall. Viel zu viele Kämpfe, viel zu viel aufgezwungene Action. Futsch der anfangs so gut aufgebaute psychothrill.
Anzahl der Charaktere hätte man leicht minimieren können. Der "Indianer" war gänzlich unnötig.
Der Twist gegen Ende hat mir gut gefallen, das Ende wiederum eher weniger.
Was ich aber (im gegensatz zu dir anscheinend) an diesem Film geschätzt hab, war eben, dass die große Hintergrundgeschichte, die es gab, tatsächlich nur angeschnitten wurde und sich die Dramaturgie eigentlich um ganz was anderes gedreht hat (bis eben das ende kam).
außerdem muss ich anmerken, dass ich als erklärter nicht-dennis quaid-fan wieder mal gefallen an dennis quaid gefunden habe.

Anonym hat gesagt…

klingt für mich nach DVD, Couch und Toast Hawaii.

tumulder hat gesagt…

@jotdot
Ich fand der Film bietet überhaupt keine Action, lediglich wildes Rumreißen der Kamera und Flackerlicht.;) Ich glaube Alvart hat bei der Menge an Stoff irgendwann völlig den Überblick verloren und daran leidet vor allem die Spannung.

@jmk
Jepp. Ich glaube sogar du wirst den Film mögen.^^

Anonym hat gesagt…

was heisst überhaupt? der Trailer sah nach Event Horizon 2.0 aus und der ist einer meiner Lieblinge.
Aber ins Kino muss wohl nicht.

tumulder hat gesagt…

@jmk
Ja, da lasse dich mal nicht so vom Trailer täuschen.:D

jotdot hat gesagt…

ja, der trailer hat wieder einmal mehr versprochen, als dann da war!

@tumulder: wenn ich von action geschrieben hab, dann mein ich hier die direkten konfrontationen mit den Mutanten. Ich finde, ohne diesen Kämpfen hätt der Film mehr hergegeben. Und vor allem ohne den speerschwingenden Landwirtschaftsbeauftragten ;)

tumulder hat gesagt…

@jotdot
Sicherlich, das meinte ich ja. Der Film kann sich nicht so recht entscheiden welchen Weg er gehen möchte. Und darunter leidet die vorhandene Grundgeschichte.

Anonym hat gesagt…

der indianer hat auch genervt... ansonsten fand ichs ende genial

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