Zombieland

Was macht man eigentlich in Zombieland? Genau, auf der Suche nach einem Zuhause durch die Gegend fahren und dabei ein paar Regeln zum Überleben befolgen. Die Regeln kann man sich leicht merken, scheinen sie doch im Wesentlichen auf dem Grundsatz „Misstraue Allem und Jedem“ aufzubauen. Ach ja, fit bleiben sollte man auch. Schließlich hat es die Dicken als erste erwischt, diese 21th Century Zombies sind wie zu erwarten verdammt schnell. Ab und an muß man auch aus seinem Hummer steigen, um ein ausgebranntes Autowrack zur Seite zu schieben. damit die Fahrt mit unbekanntem Ziel weitergehen kann. Oder man hält an einem Supermarkt an, vielleicht kann man noch einen Twinkie abstauben bevor das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Dann ist jedoch allerhöchste Vorsicht geboten, in Supermärkten und an Tankstellen wimmelt es nur so von Zombies. Aber auch das ist kein größeres Problem, wenn man einen solchen Haudegen wie Tallahassee an seiner Seite stehen hat. In unzähligen Kämpfen hat sich Tallahassee zu einem Performance-Zombie-Schlächter entwickelt. Das hilft Columbus und ihm jedoch überhaupt nicht weiter, sobald sie auf echte Menschen treffen. Schwupps ist der fahrbare Untersatz samt Waffenarsenal im Besitz der treuäugigen Schwestern Emma und Wichita, die sich vernünftiger Weise in dieser Zombiegesellschaft auch nur an die sich wieder einmal offensichtlich selbst bestätigende wichtigste Regel „Misstraue Allem und Jedem“ halten.

Ruben Fleischer hat seinen eigenen Angaben nach vor Zombieland bis auf Danny Boyles 28 Days Later keinen einzigen Zombiefilm gesehen. Vielleicht ist das ganz gut so, denn so frei und frisch wie Zombieland fühlte sich schon seit ungefähr 40 Jahren kein Film des Genres mehr an. Das mag natürlich auch zu einem gutem Teil an seiner Form der Komödie liegen, aber selbst die bisherige Nr. 1 der Zombiekömdien Shaun of the Dead – die für Zombieland als Inspirationsquelle betrachtet werden darf – konnte sich dem obligatorischen Belagerungskampf nicht entziehen. Nicht dass Ruben Fleischers Film nicht auch mit unzähligen Referenzen und Verweisen an die Zombiehistorie geizen würde, vor allem das Finale wird den einen oder anderen im Genre Bewanderten ein fettes Schmunzeln ins Gesicht zaubern, doch schafften es die Autoren all diese aus dem postmodernen Genrekino nicht mehr wegzudenkenden Zitate äußerst galant und trocken zu variieren, sodass sie sich übergangslos in die Geschichte einfügen, deren Gehalt nicht versteckt im doppelten Boden lauert, sondern jederzeit ganz offen ausgesprochen wird. Ruben Fleischers Zombies dienen tatsächlich endlich wieder als Synonym für eine gesellschaftliche Bedrohung und nicht lediglich nur als Filmmonster.

Das allein ist schon allerhand genug, um Zombieland eine Ausnahmestellung in der seit Jahren nicht mehr abebbenden Flut der Splatterkomödien und Horrorremakes zuzugestehen. Wären da nicht noch die absolut sympathischen und alles andere als dem Klischee des Teenhorrors entsprungenen Charaktere, deren größte Herausforderung die Überwindung ihrer eigenen Ängste scheint. Da verwundert es auch gar nicht mehr, dass Zombieland ihnen gerne Räume schafft, in denen sie sich konträr zum Medium Horrorfilm verhalten dürfen. Einfach mal vordergründig sinnlos Dinge zerstören, in die Luft ballern, um Spaß zu haben und ein wenig Dampf abzulassen. Wunderbar, wie Fleischer die Grenzen des Films missachtet und die Möglichkeiten der Videogamewelten in seiner Inszenierung mit einbezieht, ohne dass Zombieland selbst zu einer Videogameinszenierung mutiert, sondern immer wieder zu seinem eigentlichen Kern zurückfindet. So gestaltet sich die Inszenierung Zombielands als weitere Ebene seiner grundlegenden Botschaft und nicht etwa als bloße Stilfrage. In Zombieland geht es schließlich selbst immer wieder um selbst auferlegte Grenzen und Regeln, die seine Protagonisten überwinden müssen, um einen Schritt auf der Suche nach ihrem Zuhause weiterzukommen. Ruben Fleischer hat einen herrlich abgeschmeckten Cocktail aus Situationskomik, Persiflage, Coming of Age, Genrezitaten, Road Movie und in der Auflösung überhaupt nicht skurrilen, sondern einzig und allein menschlichen Figuren geschaffen. Der in seiner Gesamtheit vielleicht nicht so wirklich über den stupid fucking mummy movie with a threat of underlying social satire hinausgeht, aber genug Herz und Mut mit sich bringt, um ganz von allein seinen Weg in die Herzen der Zuschauer zu finden. Romero soll einmal gesagt haben, jede Generation bekommt den Zombiefilm, den sie verdient. Die des ausgehenden ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts scheint wirklich töfte zu sein. Hoffentlich to be continued ...

8,5/10 Punkte

8 Kommentare:

C.H. hat gesagt…

Toll. Toll. Toll. Ich schau mir den morgen an, und war bislang skeptisch (so waren ja von ultimativen Verrissen bis absoluten Lobhudeleien alles dabei). Aber wenn du den mit dieser Wertung durchwinkst, bin ich sicher, dass das was wird...

Kaiser_Soze hat gesagt…

Ja, geilo. Auf den freu ich mich schon seit langer Zeit. Zombiefilme sind halt was tolles^^

tumulder hat gesagt…

Ich kann mir die schlechten Kritiken nur dahingehend erklären, daß hier mit der falschen Erwartungshaltung herangegangen wurde. Sprich etwas ähnliches wie Planet Terror im Hinterkopf schwebte. Aber soetwas bekommt man mit Zombieland garantiert nicht serviert.;)

Stefan hat gesagt…

Kann ich nur uneingeschränkt zustimmen! :-)

Und Amber Heard ist selbst als Zombie noch heiß ... ^^

JMK hat gesagt…

wenn es das Gegenteil von Planet Terror ist, wäre ich sehr zufrieden.

Alfons hat gesagt…

Die eigene Aussage Fleischers, außer "28 Days Later" noch nie einen Zombiefilm gesehen zu haben, bringt es eigentlich genau auf den Punkt, denn "28 Days Later" ist kein Zombiefilm.
"Zombieland" ist nichts halbes und nichts ganzes: für eine gute Komödie zu viele dämliche Gags, für ein gutes Drama zu flach und für guten Splatter zu wenig Gore. Die pseudocoole Inszenierung geht einem spätestens nach 30 Minuten genauso auf den Wecker wie der redundante Erzähler, und für nur knapp 85 Minuten hat der Film erstaunlich viel Leerlauf.
Aber wenn am Ende die heilige Familie losbricht, gibt es einen kleinen Lichtblick, weil man sich dann fragt, wie lange es wohl dauert, bis Harrelson auch mal einen wegstecken will und Eisenberg dafür die Omme wegbläst.
Vielleicht sollte man den Film aber auch einfach mit gar keinen Erwarungen betrachten, damit er irgendwie Spaß macht...

Rajko Burchardt hat gesagt…

Wie ich gehört habe soll die deutsche Fassung besonders schlecht sein, vielleicht erklärt das auch einige negative Reviews hierzulande.

Der Film ist schlicht wunderbar, DIE Überraschung des Kinowinters.

tumulder hat gesagt…

Ich kann nicht bestätigen, daß die deutsche Version besonders schlecht ist. Alfons hat ja Gründe aufgeführt, er scheint für manche Kinogänger einfach zu Light zu sein. Aber das ist ja gerade das wunderbare, diese Lockerheit.:D

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