
Es ist wohl auch die Figur des Han Solo, die Joss Whedon zu seiner TV Serie Firefly inspirierte. Die Parallelen zwischen Cpt. Malcom Reynolds und Han Solo sind einfach zu offensichtlich. Whedon beginnt seine Geschichte jedoch mit dem umgekehrten Ende der Lucas Saga. Er führt Reynolds als Verlierer des Krieges ein, stellt die Katharsis seines Protagonisten direkt an den Anfang seiner Erzählung. Der Krieg hat ihn nicht wie Han Solo zum militärischen Helden befördert sondern ihm seines Status beraubt, ihn erst zu einem Outlaw werden lassen. An Reynolds Seite stellt Whedon ein Sammelsurium von außergewöhnlichen Persönlichkeiten, dessen Spektrum sich überspitzt ausgedrückt von durchgeknallt gewaltbereit über spirituell geleitet bis professionell promiskuitiv erstreckt. Die Welt in der Whedons Figuren agieren ist ziemlich einfach dargestellt, politische Verstrickungen sind nicht vorgesehen, da es nach dem Sieg der Allianz keine politischen Gegner mehr gibt. Die innereren Planeten, die unter der vollständigen Kontrolle der Allianz stehen sind moderne Wohlstandsinseln. Die äußeren Planeten, die nur periphär der Ordnung der Machthaber unterliegen sind nicht der Wilde Westen eines John Waynes, sondern vielmehr die düstere, hoffnungs- und gesetzlose Gegend, die nicht nur Corbuccis Django soviel Faszination verlieh. Ab und an wirft die Allianz ein paar Siedler auf einem der äußeren Planeten ab, nur mit einer Kuh und ein wenig Saatgut ausgestattet. Bis der Planet Gewinn abwirft sind sie dann auf sich selbst angewiesen. Magneten für Kleinganoven und machthungrige Gangsterbosse. Solange sie der Allianz nicht in die Quere kommen, haben sie nichts zu befürchten und können die Siedler ebenso ausbeuten wie die Allianz auf den inneren Planeten die Bevölkerung konsequent unter Kontrolle hält. Ein Serienkonzept mit dem man vielleicht in den intellektuellen Kreisen der großen Küstenmetropolen der USA landen kann, sicherlich aber nicht bei der großen Masse des US amerikanischen Fernsehpuplikums, das dann auch wie die Mehrheit der übrigen Menschen auf unseren Planeten nach konservativerer Unterhaltungskost im TV sucht. So ist davon auszugehen, daß FOX der Serie wirklich aufgrund schwacher Einschaltquoten noch nicht einmal alle Folgen der ersten Staffel Präsenz im Programm gewährte. Es ist dem Erfolg der DVD Auswertung zu verdanken, daß Joss Whedon noch einmal vierzig Millionen Dollar in die Hand gedrückt bekam um der Serie ein würdiges Ende im Kino zu gestatten.
Es ist mal wieder ein Konflikt um die junge psychisch kranke aber offensichtlich mit nicht nur seherischen Kräften beschenkten River Tam, der Reynolds veranlaßt den Bordarzt Simon Tam vor die Wahl zu stellen die Firefly zu verlassen oder den Personalplanungen des Captains unwidersprochen Folge zu leisten. Es ist nämlich nicht so, daß Malcolm Reynolds den beiden Geschwistern nur aus einem innerem Zwang heraus der Allianz eines auszuwischen Obdach auf der Flucht vor eben dieser gewährt. Nein, sie sollen sich verdammt noch mal an Bord nützlich machen. Das macht Simon als Bordarzt vom erstem Tag an, doch seine Schwester kann auch die Crew bei ihren Aufträgen, die vornehmlich aus Überfällen, Einbrüchen und Geldübergaben bei denen auch mal geschossen wird bestehen, mit ihren seherischen Kräften unter die Arme greifen. So wie sie es gerade getan hat, als sie Zoe nicht nur vor dem Typen mit dem Colt gewarnt hat, sondern auch noch der ganzen Crew den Arsch vor den Reavern gerettet hat. Die Reaver sind eine fürchterlich entstellte Horde von Geisteskranken, die sich selbst verstümmeln. Die Menschen überfallen, töten, die Haut abziehen und sie danach verspeisen. Und nur mit Glück in dieser Reihenfolge. Niemand weiß woher sie stammen, Shepherd Book hat einmal gesagt es seien Siedler, die vor dem Ende des Universums standen, in die absolute Dunkelheit blickten und danach verrückt wurden. So in etwa jedenfalls. Simon Tam entscheidet sich im nächsten Raumhafen auf Beaumonde das Schiff mit seiner Schwester zu verlassen, zu gefährlich scheint ihm das Leben auf der Serenity für River zu sein. River sieht dies eher anders herum. Warum sie dies so sieht erfahren alle Beteiligten kurz darauf in einer Bar in der sich Reynolds mit seinen Auftraggebern trifft um ihnen ihren Anteil an der Beute aus dem letzten Überfall zu übergeben. Während sich die Crewmitglieder mit Mingo und Fanty über die Höhe ihres Anteils streiten beginnt die zufällig auch anwesende und gerade noch so verletztliche River Tam mal eben kurzer Hand den ganzen Laden auseinander zu nehmen. Simon kann mittels eines Codewortes noch so eben das Schlimmste verhindern. Reynolds nimmt daraufhin die Geschwister wieder mit an Bord der Serenity um herauszufinden was da eigentlich gerade im Maidenhead passiert ist. Mit Hilfe Mr. Universums, einem Kommunikationstechnik Geek, erkennt die Crew, daß die Allianz seit Wochen einen manipulierten Werbejingle auf allen Kanälen sendet, der ein verschlüsselten Code enthält, der River zu einer Kampfmaschine mutieren läßt. Es ist nun klar, daß die Allianz immer noch auf der Suche nach River ist , die offensichtlich ein Geheimnis in sich trägt, das der Allianz gefährlich werden könnte.
Es ist schon erstaunlich mit welch einer erzählerischen Leichtigkeit Whedon seiner TV Serie zum Sprung auf die Kinoleinwand verhilft. Keine Frage, dies ist nicht, wie so oft schon in diesem Sujet erlebt, die etwas besser ausgestattete Doppelfolge einer beliebten TV Attraktion, Serenity ist ein eigenständiger Kinofilm mit einer für sich stehenden in sich abgeschlossenen Geschichte, die einiges an Doppelbödigkeit mit sich bringt. Sponn sich die Handlung der einzelnen Folgen der TV Serie doch eher um die Beziehungen der Crewmitglieger untereinander, setzte sie auf Wortwitz und kleinere Abenteuer, bietet der Film doch einen Konfliktrahmen dessen Ausmaße und Bedeutung einer Aufführung im Kino würdig sind. Dabei läßt er aber nicht diejenigen im Regen stehen, die die TV Serie nicht kennen. Schön wie Whedon gleich in der Titelsequenz mittels einer einzigen Kamerafahrt durch die Serenity die Figuren mit ihren in kleinen Szenen auf den Punkt gebrachten Charakterzügen einführt. Diejenigen, die die Serie kennen werden über Jaynes Waffenarsenal lachen, in Unkenntnis der Serie weiß man sofort, der Typ ist für's Grobe zuständig und man wird ebenso schmunzeln, da Whedon dieser kleinen Szene natürlich eine herrliche Situationskomik und Ironie mitgibt . Der Rest des Filmes gestaltet sich sowohl für die Serienkenner als auch für unbelastete Zuschauer gleichmaßen spannend. Nebenbei spendiert Whedon jeder Rolle im Film eine angemessene Aufmerksamkeit in der sie ihre Eigenheiten ausleben kann. Dabei sind es dann schließlich Cpt. Malcolm Reynolds und im besonderem Maße River Tam, die über ihre Aufgaben hinauswachsen und den Fokus des Geschehens bilden. River Tam, die mit dem Wissen um ein grausiges Geheimnis Reynolds in den Infight mit der Allianz geleitet. Nebenbei bietet Whedon einige angenehm unaufdringliche Effekte, läßt weiterhin Wortwitz und Zynismus nicht außer acht und verpaßt dem Ganzen eine sympathische Botschaft. Das alles verpackt Whedon zwischen den aus der Serie schon bekannten komischen Elementen und einer in sich nachvollziehbaren Handlung zu deren Weiterentwicklung Whedon sogar bereit ist zwei seiner liebgewonnenen Charaktere über die Klinge springen zu lassen. Ganz schön viel Pensum für knappe zwei Stunden Kinospaß, die insgesamt dunkler und ernster ausfallen als die eigentliche Serie. Das ist aber völlig in Ordnung, denn zum einen wird hier der Handlungsstrang der Serie tatsächlich zu Ende gebracht, zum anderen läßt Whedon einige Fragen offen, die gleichzeitig Raum für einen Neuanfang schaffen. Serenity - Flucht in neue Welten ist hiermit wirklich ein treffender deutscher Titel, der sowohl für den Anfang des Filmes als auch für das Ende der Serie stehen kann. So wie die Geschichte des Filmes mehrere Deutungsansätze bietet. Auf den ersten Blick mag man an vielen Stellen eine innen- und gesellschaftspolitische Kritik an die USA sehen, doch schaut man genauer hin ist die Botschaft der Serenity universellerer Natur. Eine Apell an den Respekt vor der Individualität, an die Toleranz gegenüber anderer Ideale. Reynolds Kampf ist nicht der gegen ein dunkles Imperium, daß die Menschheit unterjochen möchte, sondern vielmehr der Kampf für die Freiheit des Einzelnen. Für das Recht auf eigene Entscheidungen, die nicht erst vom Gesellschaftssystem abgenickt werden müssen und bei Nichtgefallen zur Ausgrenzung aus dem sozialem System führen. Die Allianz möchte einfach nur eine sichere Welt schaffen, doch benutzt sie in dem sie den Menschen nach ihrer Fasson verbessern möchte die falschen Mittel und löst damit erst die Katastrophe aus. Reynolds will die Allianz nicht vernichten, er möchte lediglich, daß sich die Allianz auf dem Weg zu einer glücklicheren Welt - dies ist trotz all ihres Totalitarismus ihr einziges Ziel - anderer Mittel bedient. Viel Tiefgang für ein so kleines Science Fiction Abenteuer, welches der Film immer noch in erster Linie ist und auch sein möchte.
Serenity sieht bei weitem besser aus, als das für einen Science Fiction Film bescheidene Budget erwarten läßt. Zwar schleicht sich auch hier und da mal ein weniger detaillierter CGI Effekt ein, doch haben eine ganze Reihe anderer Regisseure auch schon sehr viel schlechteres für wesentlich mehr Geld geboten. Der Cast begeistert mit neuen Gesichtern, die sichtlich Spaß an ihren Rollen haben. Von ihnen dürfte einzig Chiwetel Ejiofor ein wenig bekannter sein, der hier die unsichtbare Hand der Allianz beeindruckend konsequent darstellt. Es ist wirklich schade, daß Universal bei der Vermarktung des Filmes anscheinend voll und ganz auf die Fangemeinde in den USA gesetzt und damit der Geschichte eine größere Aufmerksamkeit z.B. in Deutschland verwehrt hat. Verdient hätte er es.
9/10 Punkte