Inquisition 2008

Charlotte Roche hat ein Buch geschrieben. Ich habe es nicht gelesen und werde es auch nicht lesen, o.k. wenn es mir vielleicht mal auf einem Remittendenwühltisch entgegenlacht - wer weiß?

Ich weiß nur so viel darüber, daß ich sagen kann, daß es sich mit dem Verhältnis der Frau zum eigenen Körper beschäftigt und dabei ziemlich direkt und alles andere als zimperlich geschrieben ist. Muß nicht jedem gefallen. Darf man als Kritiker auch gerne zerreißen, das gehört zum Spiel.

Nur wenn eine ganze Kulturredaktion nichts anderes mit sich anzufangen weiß als ständig von neuem über dieses ach so schlechte Buch und seiner Autorin zu berichten, weiß ich nicht so recht was das soll. Und ob Charlotte Roche wirklich von ihrem eigenen Werk peinlich berührt ist, wenn sie auf die Frage ob ihre Kinder das Buch einmal lesen dürfen antwortet: "Meine Tochter ist fünf Jahre alt und würde eigentlich bald eingeschult. Aber ich unterrichte sie zuhause und bringe ihr nur Mathe bei. Lesen wird sie niemals lernen."

Das mag ich doch bezweifeln.

16 Kommentare:

AnJu hat gesagt…

Ich finde es gut, dass sie das Buch geschrieben hat und ich werd's bei Gelegenheit auch mal lesen. Ich bin zwar nicht bei allem ihrer Meinung, aber es gibt Dinge, da hat sie schon recht. Zum Beispiel damit, dass der weibliche Körper immer mehr zum Plastikbarbiepuppenkörper wird. Haarlos, geruchsneutral und flüssigkeitsfrei muss er sein. Was ich mir schon von einem Kumpel für Äusserungen, die er über Frauen mit denen er was gehabt hat, anhören musste: "Noch nicht mal rasiert war die. Und die hat so scheiße geschmeckt und gestunken!". Und sowas führt dann dazu, dass Frauen anfangen sich zu schämen, für Dinge, die ganz natürlich sind. Das nächste ist dann das Altern. Falten sind schrecklich, da opfert man dann seine Mimik heutzutage lieber dem Nervengift. Ausdrucklose Masken im Austausch für menschliche Gesichter, die eine Geschichte erzählen können.
Außerdem hat sie mal eine Pro7-Show nicht weitergemacht, weil sie sich geweigert hat entgegen ihrer persönlichen Meinung für Pro7- und Sat1-Sendungen Werbung zu machen. Das finde ich richtig gut. Genau das kotzt mich nämlich tierisch an auf den Privatsendern. Statt nem anständigen Interview mit einem Künstler zu senden, wird dann mal eben die schlechte Sat1-Comedy in den Himmel gelobt. Und schon dafür hat Charlotte Roche Respekt verdient, finde ich zumindest.

tumulder hat gesagt…

Woher wußte ich, daß Du alles wichtige aus meinem Post heraus liest, ohne daß ich es so direkt schreiben muß:D

AnJu hat gesagt…

Ich konnte übrigens die Links nicht lesen.
"Die Inhalte auf dieser und den übrigen Seiten sowie die Gestaltung der Seiten unterliegen dem Urheberrecht der Zeitungsverlagsgesellschaft E. Brost und J. Funke GmbH & Co. Die Verbreitung ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages zulässig. Dies gilt auch für die Aufnahme in elektronische Datenbanken und Vervielfältigung auf CD-ROM." Das gab's da nur zu lesen.

tumulder hat gesagt…

Ah, so ein Mist. Ich glaube man muß sich wohl doch erst bei der Westen anmelden:(

probek hat gesagt…

Sehr schöne Grafik, übrigens.

tumulder hat gesagt…

Danke, leider ein wenig mit der heißen Nadel gestrickt wenn man genau hinschaut.

probek hat gesagt…

Also bitte, fürs Viertelfinale reichts. Da möchte ich gar nicht die Variante mit der kalten Nadel sehen, vor der ich vermutlich in den Staub falle.

(weil ich gerade so schön Komplimente verteile: hier noch ein Mitbringsel für AnJu, übrigens ein krasser off-topic Themenschwenk von duftenden Fortpflanzungsorganen zu Burschenschaften. Tschuldigung.)

tumulder hat gesagt…

Da hast Du ihren Satz aber ganz schön aus dem Zusammenhang gerissen. So werden Schlagzeilen gemacht:D

probek hat gesagt…

Zusammenhang? Welchen Zusammenhang?

(Charlotte finde ich übrigens auch gut, übrigens übrigens auch, offenbar)

tumulder hat gesagt…

Na, wenn man die ganze Antwort liest, zu der der Satz gehört, bekommt das Ganze ja einen anderen Sinn.

probek hat gesagt…

Ich werde zum Schlauchsteher, auch egal. Dafür habe ich voll on-topic für AnJu noch einen Bruder im Geiste auftreiben können, Herrn Zechbauer. Aber hört AnJu uns überhaupt noch?

tumulder hat gesagt…

@probek

Du hast doch ein Zitat verlinkt. Wenn man das Zitat aus dem Interview aber im Kontext zur Frage und ihrer ganzen Antwort sieht, ergibt sich ein anderer Sinn, als wenn man nur das Zitat für sich ließt. Es geht ja nicht darum, daß sich Männer nicht mehr waschen sollen, sondern eher um die Individualität der Menschen im Allgemeinen. Sehe ich jedenfalls so. Riechen heißt ja nicht gleich stinken. Was für ein herrliches Thema;-)

probek hat gesagt…

Eh! Ich stand doch so schön auf dem Schlauch, bereit, dumm zu sterben (na gut, so weit würde ich vielleicht doch nicht gehen wollen) -- und dann kommst Du, und erklärst es noch mal. Spielverderber.

Aber ich stehe zu dem Roche-Zitat (und dazu, wie ich es verwendet habe), denn das ist einfach zu schön. Sie hat es so gesagt, Zusammenhang hin oder her.

tumulder hat gesagt…

@anju
Nur soviel zu den Dir versperrten Inhalten der Links. Der Verriß ist so ziemlich das schlechteste was ich je im Kulturteil meiner Tageszeitung gelesen habe. Da wird der Roman nur auf seine direkte Sprache und seinen angeblichen pornografischen Inhalt reduziert. Liest sich aber im Endeffekt so, als habe die Redakteurin den Roman eigentlich ganz nett gefunden, schämt sich aber dafür. Das würde ja Frauen alles gar nicht interessieren. Ich hatte das Gefühl, die Redakteurin fürchte um ihr Ansehen, wenn sie auch nur ein gutes Wort über ihn verliert.

Zweiter Link verweißt auf einen Artikel, der sich generell mit Skandalliteratur befaßt. Natürlich ist der Aufhänger wiederum der Roman von Charlotte. Tenor ist jedenfalls die Einsicht, daß auch angesehene Autoren den einen oder anderen skandalträchtigen Roman in ihrer Vita haben. Ganz wichtig zum Schluß des Artikels, der Walser schreibt aber in einer anderen Liga. Jetzt wissen wir wenigstens was die Redakteurin sonst noch so liest.

Der dritte Link berichtet über Charlottes Lesung in Essen. Ganz wichtig scheint dem Verfasser die Tatsache, daß das anwesende Publikum am liebsten den schmuddeligen Stellen lauschen wollte. Der Abgrund journalistischer Arbeit wird jedoch erreicht als der Voluntär(?) Roche vorwirft sich für ihren eigenen Roman zu schämen. Nur weil sie auf dämliche Fragen sarkastische Antworten gibt. Ich glaube, der hat da etwas im Spiegelinterview falsch verstanden;-)

Mich ärgert die ganze Sache insofern, da ich die WAZ schon seit Jahren lese. Früher war sie mal eine liberale, offene Zeitung. Weit über den normalen Regionalzeitungsniveau. Doch seit geraumer Zeit wird sie immer konservativer und journalistisch abgründiger. Da werden ab und an auch mal Spiegel Online Artikel abgekupfert und Bildmeldungen offensichtlich ohne Gegenrecherche übernommen. Das macht mich richtig traurig, denn eine geignete Alternative ist kaum auszumachen. Man muß sich das einmal vorstellen. Da lebt man im größten Ballungszentrum Europas, hat drei große Universäteten plus unzählige Fachhochschulen, Museen und Theater das man an Wochenenden eigentlich gar nicht weis was man sich zuerst anschauen sollte, vergibt jährlich den Grimme Preis usw und so fort. Das größte Verlagshaus vor Ort meint jedoch die Auflage mit einem Angebot für den Kleingeist steigern zu müssen. Das tut echt weh.

tumulder hat gesagt…

@probek
Das war auch gar nicht böse von mir gemeint. Ich hätte das Zitat genauso gebracht. Und den Link zum Interview bringst Du ja gleich im Anschluß. Ich denke ich kann das schon richtig einordnen;-).

AnJu hat gesagt…

@probek: Die ZSKA kenn ich natürlich :-). Der Herr Zechbauer schreibt mir aus der Seele.
@tumulder: Danke für die Zusammenfassung. Eigentlich sollte man seine Zeitung immer dann sofort abbestellen, wenn nur noch Mist gedruckt wird. Und in der Kündigung am Besten dazu schreiben, warum man kündigt, vielleicht fangen sie dann wieder an nachzudenken.

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