Salo, das ist Pasolinis Adaption der 120 Tage von Sodom des Marquis des Sades, aber vielmehr noch seine persönliche Abrechnung mit der italienischen Gesellschaft, die das Gebaren des Faschismus nicht nur erduldete sondern nach seiner Auffassung auch mit Gleichgültigkeit gegenüberstand und in weiten Kreisen vielleicht auch heute noch gegenübersteht. 117 Minuten quält er nicht nur die Opfer im Film sondern auch den Zuschauer mit schlimmsten Demütigungen, Folter und erzwungener sexueller Perversion. Wenn auch in einer dem Theater ähnlichen sehr distanzierten Inszenierung. Zensiert, verboten und doch wieder freigegeben, da die künstlerische Wertigkeit Pasolinis Werkes nicht unterschlagen werden darf. Ein wohl seltener Vorgang in der Geschichte des Films und nicht nur deutscher Justiz. Pasolinis Tod wirft bis heute Fragen auf. Von Auftragsmord, der Verwicklung des italienischen Geheimdienst ist die Rede. Fest steht nur, daß Pasolini am 2. November 1975 mehrfach von einem Auto überrollt auf einem Fußballplatz in Ostia aufgefunden wurde. Verurteilt wurde Pino Pelosi, dessen Aussagen immer widersprüchlich blieben. Die Uraufführung des Films fand am 22. November 1975 auf dem Pariser Filmfestival statt. Daß der Film bis heute immer wieder auch mit dem Exploitation- und Horrorfilm in Verbindung gebracht wird, selbst die IMDB führt ihn unter Horror, ist wahrscheinlich eines der größten Mißverständnisse seitdem Filme in Genres eingeteilt werden. Und wenn Bild.de Pasolini als Nacktfilm-Kultregisseur bezeichnet, darf man diesen Umstand schon als Ausdruck purer Dummheit werten. Salo ist eine zum Teil zwar sehr verkopfte, pessimistische Betrachtung einer Gesellschaft, die das faschistische Denkmodell schon mit der Muttermilch eingeflößt bekam und auch gleichzeitig eine Brandrede gegen die Gleichgültig bzw. den unkritischen Umgang gegenüber gesellschaftlichen Systemen. Ein Film dessen Bewertung mir unmöglich erscheint.
Salo wird seit dem 23.10. in neuen 35 mm Kopien wieder aufgeführt. Leider anscheinend ersteinmal nur in Berlin.
Wieder im Kino - Pier Paolo Pasolinis Salo oder die 120 Tage von Sodom
Eingestellt von
tumulder
on Sonntag, 26. Oktober 2008
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9 Kommentare:
Hab den damals nicht verstanden. Aber was weiß ich auch schon von Filmen.
Ja, bei Salo ist eine Vor- bzw. Nachbereitung nicht verkehrt. Kann ich nachvollziehen. Zumal Pasolini sich durchaus in Symbolismus versteigt, bei aller Offensichtlichkeit des Systems, die in Salo herrscht.
Rudi, endlich hast du den Dreh raus.
Ist nicht mal böse gemeint, aber Filme wie SALO übersteigen halt manch Horizont, da trennt sich die Spreu...
;)
@Vega: Ja, ne? Ich glaub langsam muss ich das mit dem Bloggen mal sein lassen.
@mvv
Naja, jetzt komm schon. Ich mußte Dir auch erstmal erklären was Paolo mit dem Verspeisen von Kot ausdrücken wollte. Und ich wußte es auch nur, weil ich es nachgelesen habe. Aber der Film funktioniert ja auch so. Wirst Du ihn Dir im Kino nochmal geben? Ungekürzt, neue Kopien?
Why so serious???
Und: nein, den habe ich gerade erst gesehen. Ist nun nicht unbedingt ein Film, den man sich regelmäßig anschauen möchte.
Da braucht man wirklich ein paar Jahre abstand. Ganz klar.
Und was lernen wir daraus? Fußballplätze sind eine Gefahr und sollten abgeschafft, zumindest aber staatlich kontrolliert werden. Oder?
Zumindest sollte auf ihnen striktes Fahrverbot gelten...
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