The Last House on the Left

Ich weiß nicht ob es Sinn macht, sich weiterhin über die absolut dumpfe, einzig und allein auf Kommerz ausgerichtete Verramschung einstiger Ikonen des Mitternachtskino aufzuregen. Macht es nicht. Aber darauf hinzuweisen, das halte ich immer noch für mehr als legitim und nötig. Es ist nicht so, daß es keine Berechtigung für eine Neuverfilmung Wes Cravens Last House on the Left gäbe. Nein, warum sollte eine Neubetrachtung solcher Themen wie Selbstjustziz, Rache oder die Verortung bürgerlicher Gewalt nicht interessant sein. Cravens Film selbst war ja ebenso eine Neubetrachtung der religiös motivierten Jungfrauenquelle, die die Botschaft Jesus "Liebe deinen Nächsten", oder wie es Paul Verhoeven vor kurzem im Interview mit dem Tagesspiegel radikaler auszudrücken verstand "Liebe deine Feinde", so sehr auf die Probe stellte. Die welt- und gesellschaftspolitischen Ereignisse nach dem 9/11, die Radikalisierung der politischen Lager nicht nur in den Medien, die Bilder aus Guantanmo, Abu Gharaib, die Reaktion der USA auf den Angriff islamistischer Terroristen, die aussichtslos geführten Kriege im Irak und Afghanistan, die Einteilung der Welt in Schurkenstaaten, altes Europa und der Achse des Bösen. Für all das bietet sich Cravens und Bergmans Stoff bestens an. Die Geschichte der beiden unschuldigen Mädchen, die von einer sadistischen Bande vergewaltigt und gequält werden, um dann später, als der Spaß für die Verbrecher vorbei zu sein scheint, den Tod in der Nähe des elterlichen Hauses zu finden. Wie die Eltern, nachdem sie erfahren, daß die, die sie beherbergen für den Tod ihrer Tochter verantwortlich sind, in einer Mischung aus Wut, Verzweiflung und abgebrühter Hinterhältigkeit Stromkabel und Kettensäge aus dem Keller holen und auf fürchterlich bestialische Weise Rache nehmen. Neben all der gesellschaftspolitischen Kritik, die in Cravens Meisterwerk mitschwingt, bleibt doch vor allem die letzte Einstellung des Films in Erinnerung. Die nach ihrem Blutrausch in sich zusammengesunkenen Rächer, die sich selbst schuldig gemacht haben, ohne daß ihnen ihre Tochter wiedergegeben werden kann. Ohne daß ihnen wirkliche Genugtuung wiederfahren wäre.

Doch an diesen Aspekten scheint Dennis Iliadis kein Interesse zu hegen. Nicht nur daß er der marodierenden Bande ihren Schrecken nimmt, indem er ihr soetwas wie Motivation außerhalb des sadistischen Lustgewinns mit auf den Weg gibt, hier sind die Kindsmörder und Vergewaltiger eine sich auf der Flucht befindene Schwerverbrecherbande, die sich zweier eventueller Zeugen entledigen muß. Er höhlt den Kern des Stoffes sogar noch weiter aus, das gequälte Mädchen darf nämlich in The Last House on the Left überleben. Damit bewegt sich der Film endgültig in den Spähren eines I spit on your Grave, dem zurecht in der allgemeinen Auffassung die Existenzberechtigung aufgrund seiner menschen- und frauenverachtenden Grundattitüde verwehrt wird. Untermauert wird diese Beobachtung von Iliadis bedenklichem Interesse an weiblichen Teenagerkörpern, die selbst noch in den vermeintlich schockierenden Szenen den Fokus der Betrachtung bilden. Sinnlos hier noch weiter nach irgendeiner anderen Motivation als der reinen Exploitation ihrer selbst willen zu suchen. Genau dies war aber Cravens Film eben nicht. In der zweiten Hälfte begibt sich der Film dann vollends in die Hände jahrzehntelang einstudierter Mechanismen des Teenhorrors. Da darf der Strom ausfallen und der Schlüssel für das rettende Motorboot nicht mehr gefunden werden. Das Telefon funktioniert dann selbstverständlich auch nicht mehr, wo kämen wir denn da hin? Leidlich spannend und trotz der postmodernen Aufmachung sicherlich mehr als stockkonservativ, was nicht immer schlecht sein muß, jedoch in Bezug auf das große Vorbild als ein vernichtendes Urteil aufgefaßt werden darf. Kiffen ist tödlich, mehr ist in Iliadis Neubetrachtung des Stoffes nicht zu finden.

3,5/10 Punkte

19 Kommentare:

Flo Lieb hat gesagt…

Fand den ganz okay. Durchschnittlich eben.

Mr. Hankey hat gesagt…

Sehe ich ähnlich, auch wenn ich nicht ganz nachvollziehen kann, warum der Film Frauenverachtender sein soll, als Cravens Original, wenn das Mädchen überlebt.

Doof wars aber trotzdem irgendwie, weshalb ich auch nur auf knappe 4/10 Punkte komme!

Rajko Burchardt hat gesagt…

Sehr guter Text, besonders der zweite Abschnitt.

tumulder hat gesagt…

@flo
Dir gefällt so etwas? Kann ich gar nicht glauben. Was war denn an dem Film ganz okay?

@hankey
Die Frage meinst du wohl doch nicht ernst?

@rajko
Danke. Ich habe den Text einfach aus dem Bauch heraus geschrieben. War ja schon vorgewarnt, hätte aber keine Torture Porn Version Hamiltons Zärtlicher Cousinen erwartet.;)

Flo Lieb hat gesagt…

Ich hab nicht gesagt, dass es mir gefällt. Ich meinte es war ein durchschnittlicher Horrorfilm, mit denselben Mustern, wie man sie sonstwo sieht. Da hab ich schon enttäuschenderes gesehen (z.B. The Strangers). Aber wie gesagt, der Film ist Durchschnitt, nicht mehr und nicht weniger. Für einen Fan des Originals, wie du es offensichtlich bist, ist es wohl eine Enttäuschung. Daher erklärt sich auch die Wertung.

tumulder hat gesagt…

Naja, "Fand den ganz okay." deute ich halt nicht als "Hat mir nicht gefallen.". Deshalb meine Verwunderung, da ich ja auch weiß, daß du nicht gerade ein Liebhaber des Genres bist.;)

Flo Lieb hat gesagt…

Ich hab ja auch nicht gesagt, dass er mir "nicht gefallen" hat. Er war einfach total belanglos, aber für das was er sein wollte durchschnittlich, sprich nicht schlechter als andere Genrevertreter. Ich würde ja zu meiner Besprechung verlinken, aber die wurde nicht nicht online gestellt. Wenn das dann mal soweit ist, verlinke ich das und dann wird vielleicht deutlicher was ich meine ;)

tumulder hat gesagt…

Ja, schade. Für wen hast du das Review denn geschrieben? Das Hauptproblem für das Remake ist sicherlich die Tatsache, daß Cravens Film selbst kein Horrorfilm ist. Eher ein groteskes Drama.;)

Flo Lieb hat gesagt…

Für Wicked-Vision. Ich zitier einfach mal eine Passage (von mir), die es auf den Kern bringt:

"Letztlich ist Iliades’ Remake im Grunde nichts als Horror-Durchschnitt des 21. Jahrhunderts. Losgelöst von Cravens Original versucht der Film das, was eigentlich alle modernen Filme machen: sich dem jungen Kinopublikum anbiedern. Dass dürfte den Fans des Originals nur bedingt gefallen und für die MySpace-Generation nicht sonderlich aus dem Sumpf des 0815-Horrors hervorstechen. Wirklich daneben geht The Last House on the Left allerdings auch nicht, selbst wenn man dem Film zum Vorwurf machen möchte, dass er im Kern vollkommen belanglos ist. Im Vergleich zu etlichen anderen Beiträgen zum Genre in den letzten Monaten – z. B. The Strangers oder Inside – ist Iliades ein solider Film gelungen."

Solide meint hier lediglich, dass es kein Murks ist, aber auch nichts, was ich mir im Verlauf meines Lebens ein zweites Mal ansehen müsste.

tumulder hat gesagt…

Ja, dem kann ich grundsätzlich zustimmen, wenn da eben nicht Iliadis ausgeprägtes Interesse für Teenager-Titten- und Ärsche vorherrschen würde. Ich fand das absolut unappetitlich nicht nur im Bezug zum Thema des Filmes. The Strangers war übrigens ..., ja was war das eigentlich?;) Über Inside müssen wir kein Wort mehr verlieren.

Mr. Hankey hat gesagt…

Die Frage meinst du wohl doch nicht ernst?Ähmm, doch!

Sorry, aber jeder steht mal aufm Schlauch. Auch der kleine dicke tumulder! ;)

Mr. Hankey hat gesagt…

Ach ja: "Strangers" und "Inside" sind natürlich weit besser als dieser Murks hier!
;-)

Und ich glaube jetzt langsam, was Du meinst mit frauenfeindlich. Na ja, ist natürlich ein bisschen übertrieben. Gerade bei diesem 08/15-Dingens. Aber Du scheinst mir eh ein bisschen arg moralisch zu sein, wenn es um solche Dinge in dieser Art von Filmen geht. Man denke nur an "Crank II", "Martyrs", "Inside" und wie sie alle heißen mögen. Magst Du ja alle irgendwie wegen ihrer menschenverachtenden Haltung nicht. ;)

tumulder hat gesagt…

Ach Hankey, das ist doch jetzt Quatsch, was du schreibst. Crank II mag ich nicht, weil er einfach langweilig und extrem unwitzig ist. Ja, geradezu so nervig, daß ich mich gar nicht erst weiter mit ihm beschäftige. Martyrs will schocken, kann es aber gar nicht, da das Gezeigte soweit von der Realität entfernt ist, daß jegliche Wirkung in den ästhetischen Bildern versumpft. Das gleiche gilt für Inside. Die Filme, und auch dieser hier, sind einfach dumpf, bemühen sich gar nicht erst außerhalb ihrer Gewaltinszenierung etwas anderes zu erzählen. Das kann vielleicht fünf Minuten gefallen, aber keinen Film über 90 Minuten bringen. Häppchen an Häppchen. Ich weiß echt nicht was die Kritik an Iliadis Inszenierung von Teenagerkörpern in einem Rape and Revenge Reißer mit überzogener Moral zu tun haben sollte. Das müßte schon irgendwie Gegenstand der Handlung sein. Wenn die Täter pädophil verlangt wären und das wichtig für die Story wäre, okay. Was hat Sadies Arsch in der Vergewaltigungszene zu suchen, oder der verschämte Blick der Kamera auf ihre Beine während der Autofahrt? Die Sexualität der Mädchen ist doch gar nicht Gegenstand des Filmes.

Flo Lieb hat gesagt…

Also, wenn es dich immer noch interessiert, HIER ist meine Besprechung.

tumulder hat gesagt…

Ja na klar interessiert mich das.:) Kommt das Review auch noch auf deinen Blog? Für eventuelle Kommentare.^^

Flo Lieb hat gesagt…

Nee, zumindest nicht in den nächsten Monaten. Krieg ich grad nicht rein, sozusagen. Für eventuelle Kommentare kannst du mir ja eine eMail schreiben. :)

tumulder hat gesagt…

O.K., ich mache es kurz. Im Endeffekt unterscheiden sich unsere Einschätzungen nicht erheblich. Du scheinst da nur etwas gnädiger mit der Verramschung des Stoffes umzugehen.;)

Flo Lieb hat gesagt…

Ich kenn das Original ja nicht. Hab mir nur sagen lassen, es sei nicht so "zimperlich". Wie oben schon geschrieben, für einen Fan des Cravens, ist das hier sicherlich etwas enttäuschender, als für den "Laien".

tumulder hat gesagt…

Das ist ja gerade der Irrtum, der immer wieder in Bezug auf die ollen Klassiker verbreitet wird. Natürlich ist Cravens Film nicht zimperlich, doch läßt er selbst in der Uncut Version die schrecklichen Dinge eher im Kopf des Zuschauers ablaufen. Die Härte erreicht er durch seine Rohheit und die lediglich von Sadismus motivierte Brutalität der Verbrecher, nicht durch platzende Köpfe in der Microwelle.;) Wie ich schon schrieb erinnert Cravens Film an eine Groteske, gerade im zweitem Teil in dem die Eltern Rache nehmen. Rasierschaum und Elektrofallen. Zusammen mit den trotteligen Polizisten ergibt das nicht gerade das Bild eines Exploitationers. Ich glaube du könntest deinen Spaß an ihm haben.

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