Sasha Baron Cohen ist wieder da. Und wie. Wer dachte der Brite würde mit seiner Kunstfigur Brüno die Homophobie in unserer ach so aufgeklärten westlichen Gesellschaft aufdecken, liegt zwar nicht ganz verkehrt, jedoch auch mindestens genauso falsch. Natürlich läßt es sich Cohen nicht nehmen eine gute Portion seines aus Pietät gegenüber des kürzlich verstorbenen Michael Jackson – oder doch eher gegenüber Michael Jacksons Fans – auf knappe 85 Minuten gekürzten Anal Bleaching Kurses mit kompromittierenden Material aufzufüllen. Larry Charles und Cohen wissen jedoch ganz genau, daß eine weitere Konfrontationskomödie einfach nur langweilig sein, das Publikum nicht ewig über in die Ecke gedrängte Wirrköpfe lachen kann. Michael Moore ist schließlich so etwas von out, er wurde noch nicht einmal von Brüno als Ersatz-Interviewpartner für sein neues Showformat in den USA in Erwägung gezogen. Brüno ist nämlich plötzlich selbst wieder schrecklich out, nachdem der österreichische Livestyle Moderator eine Pret-a-Porter Show mit seiner Unbeholfenheit sprengte. Und nun setzt er alles daran einen neuen Anfang im US-Fernsehen zu starten. Was als die Geschmacksgrenzen auslotende Fremdschäm-Odyssee durch Agentenbüros, Fernsehstudios, Kasernen und Swinger Clubs aussieht, ist im Kern jedoch nichts anderes als bitterböse Satire auf eine mittlerweile schon mitten im Volk angekommene Sehnsucht nach Medienpräsenz. Nicht nur Brüno ist bereit eigene Grenzen zu sprengen, wenn er sich sogar für ein wenig Aufmerksamkeit von Terroristen entführen lassen möchte, sondern auch die Mütter der kommenden C-Promi Generation, die ihre Kinder bereitwillig noch für das niveauloseste und gefährlichste Fotoshooting ausbeuten lassen würden. Den Höhepunkt dieser Mischung aus naiver und berechnender Selbstzerstörung der Prominenz willen erreicht Brüno, wenn er bereit ist seine Sexualität aufzugeben und beschließt die Ober-Hete zu werden. Tiefer kann kein Mensch sinken, als daß er bereit ist für ein wenig Screentime sein Ureigenstes aufzugeben. Die Demütigungen, denen sich der aufstrebende Möchtegernstar aussetzt, sind hart, und genau wie bei den armen talentfreien Geistern, die sich und ihre Würde weltweit in Casting Shows, Doku Soaps und Boulevard Magazinen verramschen und vorführen lassen, möchte man Brüno nur allzu gerne gehörig den Kopf waschen. Ihn vor sich selbst schützen. Brüno ist das Begleitmaterial zu all den DSDS-, Top Modell- und Yellow Press-Tribunaten. Natürlich auf Cohens ganz eigene Art und Weise dargelegt. Cohens Film ist genau wie diese Dschungelcamp-Kandidaten-Generatoren-Formate, die mehr über unsere Gesellschaft aussagen, als es Cohen mit seiner Komödie jemals könnte, nichts anderes als Trash. Im Gegensatz zu ihnen aber verdammt guter Trash.
7/10 Punkte
The Broken
Edgar Allan Poe gehört ohne Frage zu den einflußreichsten Autoren der Literatur- und damit natürlich auch der Filmgeschichte. Sean Ellis zweiter Film kokettiert schon gleich zu Anfang mit einem Zitat des Altmeisters und weißt nicht nur den Poe Bewanderten unverkennbar die Richtung seines Filmes. Die junge Radiologin Gina McVey kann sich nach einem Autounfall, den sie nur mit sehr viel Glück fast unbeschadet überlebt, nicht mehr richtig an das Geschehen kurz vor dem Unfall erinnern. Nur Fetzen der Erinnerung schwirren in ihrem Kopf herum. Als sie glaubt ihr Verlobter Stefan sei nicht mehr der selbe, der er vor dem Unfall war, kehrt die Erinnerung bruchstückhaft zurück. Gina hat vor dem Unfall eine Frau gesehen, die ihr bis auf die Haarspitze gleicht und sie bis in ihre Wohnung verfolgt. Leider rächt sich im Lauf der Films allzu früh Ellis geheimnislüftendes Drehbuch, dem er mit einer famosen Bildsprache, die Poes Symbolismus elgegant alle Ehren zukommen läßt, begegnet. Ellis Film glänzt geradezu mit einer allein durch die Kameraführung verfremdeten Umgebung. Vermeintlich vertraute Orte, wie die Wohnung des Lebenspartners oder der Arbeitsplatz im Krankenhaus, scheinen verfälscht und fremd. Gerade für den Zuschauer, den Ellis immer wieder mit gut durchdachten und herrlich dezent eingesetzten Schockmomenten aus den drohenden Sekundenschlaf zu reißen weiß. Obwohl der Film mit 84 Minuten recht kurz geraten ist, und Ellis zugunsten des Finales und seiner Wirkung ruhig noch die eine oder andere Szene gegen Ende auslassen hätte können, läßt sich der Engländer in der Exposition sehr viel Zeit. Und das ist die eigentliche Stärke des Films, der es wirklich versteht seinen Horror mit der nötigen Gruselatmosphäre zu unterfüttern. Des teilweise etwas holzschnittartigen Sounddesigns hätte es gar nicht bedurft. Doch leider begibt sich The Broken, wie schon angedeutet, in seiner Auflösung in die schon arg ausgelutschten Fahrwasser der vergangenen Grusel-Thriller Dekade, die es mir hier verbieten noch weiteres über die Handlung und dem Kontext des Filmes auszubreiten. Die Überraschung kann so nur ausbleiben, was Ellis Film zwar höheren Weihen, aber einen gelungenem Filmabend nicht wirklich im Wege stehen könnte.
6,5/10 Punkte
8 Kommentare:
Jop, deine Wertung zu "The Broken" kann ich durchaus unterschreiben (ich hätte 7 Punkte gegeben). Auch inhaltlich kann ich dir zustimmen, wobei deine Kritik an der fehlenden Überraschung imho weniger ein Problem des Films ist, sondern viel mehr eine Sache des Vorwissens. Wer die kennt weiß eh wo der Hase langläuft, was aber auch nicht wirklich schlimm ist, solange sich der Film so gefällig präsentiert wie "The Broken".
seh ich genauso. erfahrene Horrorhase wissen wie der Fuchs läuft, tut dem Vergnügen aber keinen Abbruch
Also auf Brüno habe ich nach dem eh völlig überhypten "Borat" eh keine Lust, die Kritik zu "The Broken" ist dafür sehr gelungen. Kann ich auch nur unterschreiben, auch wenn die BD dazu leider etwas dünn geraten ist. Aber das nur nebenbei!
@hankey
Brüno ist natürlich keine Komödie für "wirkliche Männer" (Achtung! Verweis auf einen Kommentar Mr. Hankeys in einem anderem Blog).
@c.h.
Ja, das Vorwissen aus Tausendundeins vorherigen M... F... Filmen.;)
@ Tumulder
Na für für die Sparte "kein richtiger Mann" scheints ja auch nicht wirklich zu passen, wenn ich mir Rajkos Brüno-Meinung dazu ansehe! ;-) Also mehr so für Zwischenwesen wie die tumis dieser Welt! ;-)
Ja, ja Hankey. Teile du dir mal deine Welt in echt, wirklich und Zwischenwesen ein.^^
Welt und Film sind aber nicht immer ein und das Selbe! ;-)
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