Apocalypse Now auf Schalke- Scheißegal was wirklich dran ist

Um die Finanzen Schalkes steht es nicht gut. Wer das bis jetzt nicht mitbekommen hat, muß ausschließlich bild.de lesen. Beim Fachblatt für Fantasiegeschichten und Apokalypsenprophezeiungen ist man seit Magaths Verpflichtung wieder auf Schmusekurs mit unserer blau weißen Skandalnudel. Und es verwundert mich schon, daß die Überschriftengeneratoren an der Rudi-Dutschke-Straße in Berlin bis jetzt noch nicht auf das eigentlich für sie geschaffene Horrorszenario Bevorstehender Lizenzentzug für Schalke 04 angesprungen sind, obwohl Bild doch erst mit Berichten ihres Nackenkraulers und Mit der Ex-Geliebten auf Sylt Herumzankers Assauer den Stein ins Rollen brachte. Stattdessen partizipierten in dieser Saison bisher vor allem der Kicker, Financial Times und Süddeutsche Zeitung von Schalkes Finanznöten. Pünktlich zum nächsten Spieltag ein investigativer Bericht über Schalkes desaströs überzogenen Dispo und demnächst abzugebende Topstars. Konnte bisher der Eindruck entstehen, Schalke würde schon längst die Tapeten von den Wänden kratzen, um wenigstens die nächste halbe Stunde ohne Hungergefühl zu überstehen, kommt heute noch alles viel schlimmer. In einem den üblichen Regeln der Skandalisierung folgenden Artikel schreibt Daniel Schraven auf Welt.de über noch viel höhere Schulden des Vereins. Und wenn ich schreibe viel höhere Schulden, meine ich nicht die kolportierten 140 Millionen Euro plus ungefähr die Hälfte, sondern die kolportierten 140 Millionen plus die Unterdeckung in der laufenden Saison von 20 bis 30 Millionen plus geheime 100 Millionen Minus auf den Konten Schalkes Tochterfirmen. Mit Schravers Additionskünsten kommen da glatte 280 Millionen Euros heraus (edit: mittlerweile aus der Überschrift herausgenommen). Klar, bei Springer wird gerne aufgerundet.

Ich würde Daniels Schravers Artikel gerne mehr Aufmerksamkeit widmen, würde er nicht schon in den ersten Sätzen mit dubiosen Geschäften aufmachen, sich auf Unterlagen geheimer Insider beziehen, nicht behaupten die Verträge der Spieler Lövenkrands und Varella wurden vor allem aus der Finanznot heraus aufgelöst und im weiteren nur wieder das wiederholen, was schon seit Wochen in der Gerüchteküche durch die Luft wabert. Ich würde ihm vielleicht mehr Aufmerksamkeit schenken, wenn er wenigstens den Schein wahren würde, die ihn ihm erhobenen Vorwürfe gegen Schalke objektiv zu betrachten, die Behauptungen des bisher so kritisch gesehenen Herrn Schechters ebenfalls kritisch unter die Lupe nehmen. Würde er den in den letzten Wochen immer wieder auftauchenden Rechtsanwalt Paeffgen, dem die Kontrolle über Schalkes Konten zuletzt seitens des Vereins verwehrt wurde, wenigstens in einem Nebensatz mit Rudi Assauer in Verbindung bringen. Ich habe es innerhalb von Sekunden mittels Google geschafft, und dabei kannte ich den Namen Paeffgen bis vorletzte Woche noch gar nicht. Ich hätte nach diesem Artikel des Herrn Schravers wirklich doppelt so große Sorgen wie ich sie eh schon habe, würde auch er nicht mit einem Hinweis auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Clemens Tönnies Unternehmen enden, ohne auf die Tatsache einzugehen, daß die Anschuldigungen gegen Tönnies selbst nicht gerade auf festen Beinen stehen. Auch das kann man wissen, wenn man regelmäßig Zeitung liest und später noch einmal eine Suchmaschine bemüht. Das geht schnell, selbst mit meinem nicht mehr zeitgemäßen DSL 2000 Internetanschluß.

Aufregen bringt nicht viel, da bleibt nur das Warten auf das Ergebnis der Nachprüfung der DFL. Ich glaube ohne Zweifel, daß Schalke große finanzielle Schwierigkeiten hat. So große, daß die DFL Schalke wahrscheinlich mit Auflagen belegen wird. Sollte dabei herauskommen, daß Schalke die laufende Saison finanziell nicht überstehen kann, dann muß die DFL ihr ganzes Prüfungsverfahren in Frage stellen, schließlich hat sie im Frühjahr Schalke, trotz der schon dort abzusehenden Probleme, genau diese Lizenz erteilt. Sollte die Nachprüfung jedoch mit gleichen Ergebnis enden, wie es die Vereinshüter versprechen, dann bin ich gespannt wie diejenigen reagieren werden, die momentan keine Chance auslassen, um auf dem Club herumzutreten. Wahrscheinlich wie immer, gar nicht.

Glück Auf!

[edit 25. Oktober] Einen wesentlich differenzierteren Eindruck über Schalkes Finanzsituation bietet heute die FAS.

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