Posts mit dem Label brian taylor werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label brian taylor werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Gamer

Die Sims sind vielleicht das erfolgreichste Stück Computerspielsoftware überhaupt. Seit der Markteinführung im Februar 2000 ging das Game samt Nachfolger und unzähliger Erweiterungen über 100.000.000 Mal über den Ladentisch. Ganz zu schweigen von den quantitativ kaum auszumachenden gecrackten Kopien, die der Erfahrung nach wahrscheinlich die Verbreitung des Spiels noch einmal mindestens verdoppeln dürften. Dabei geben die Sims noch nicht einmal ein spezifisches Spielziel vor, es gilt den selbst erstellten Sim bei Laune zu halten. Ein Dach über dem Kopf, Freunde, Party, Schlaf, schicke Möbel und natürlich einen Partner finden. Zwar kann der Spieler den Sim nicht direkt steuern, jedoch durch Veränderung der Umwelt beeinflussen. Die Freiheiten, die Maxis und EA Games ihm dabei mit auf den Weg geben sind phänomenal. Bis auf Nudity scheint bei den Sims alles erlaubt, sogar gleichgeschlechtliche Beziehungen und der Tod im Swimmingpool. Unzählige Videos auf Youtube zeugen von der sadistischen Ader, die das eigentlich gewaltfreie Game bei Spielern offensichtlich frei legt.

In Gamer hat Ken Castle dieses Spielprinzip revolutioniert und ein eigenes Unterhaltungsimperium aufgebaut. Der Spieler darf hier echte Menschen durch eine bunte Feel Good Welt steuern, die die Befehle direkt in ihre Hirnsynapsen gesendet bekommen. Bioelektronik sei dank. Anders als bei den Sims sind die Darsteller, laut Stellenbeschreibung Schauspieler, jedoch dem Willen des Gamers völlig ausgesetzt. Was das bedeuten kann, siehe Einleitung. Was soll's, ist ja nur ein Job. Nicht nur eine Nummer härter, sondern gleich die oberste Stufe menschlicher Verwerflichkeit stellt aber Castles neues Spiel Slayer dar. Hier werden freiwillige Todeskandidaten des Justizsystems in einen Multiplayer-Online-Shooter geworfen. Echte Waffen, echtes Blut, der Frag bedeutet realen Tod. 30 Runden Deathmatch als Avatar überleben, und es winkt die Freiheit.

Natürlich sollte man vom Duo Neveldine und Taylor keine tiefgründige oder überhaupt eine Unterhaltungsmedienkritik erwarten. Ihr selbst vergebener Auftrag lautet seit jeher die Experience der elektronischen Unterhaltung auf das Kino zu übertragen. Und mit keinen anderen ihrer beiden vorherigen Filme gelingt es ihnen so gut wie mit Gamer. Die Kamera ebenso wild und ungeordnet, wie die Ego-Perspektive ihres verhandelten Objekts auf einen passiven Zuschauer nur wirken kann, die Narration so abgehackt und der Storyline lediglich das erhebliche zufügend, wie in jenen der als Schmuddelunterhaltung kolportierten Millionenseller. Der Plot, selbst auf das nötigste begrenzt, als Zwischensequenz zu verstehen, die dem Spieler die Ladezeiten der nächsten Map verkürzt. Die Verhinderung der Weltherrschaft eines Superschurken. Zwar sind die Grundlagen der Handlug in oberflächlich betrachtet ähnlichen gelagerten Filmen wie Deathrace, Battle Royal und ganz besonders Running Man zu finden, doch spielt der in ihnen liegende sozial-apokalyptische Kern eher als Formfaktor eine Rolle, als grundsätzliches Anliegen zu sein. Wäre ja auch noch schöner, wenn ein Game die eigenen Mechanismen in Frage stellen würde. Gamer erzählt nicht über ein Game, Gamer ist das Game. Und das viel pointierter und auch geradliniger durchgezogen, als noch Crank oder Crank 2 es konnten.

Das wird nicht jedem gefallen, da Taylor und Neveldine sich nicht nur noch weiter vom klassischem Kino entfernen, als sie es schon mit ihren ersten Filmen taten. Sie wechseln auch das Genre. Lustiges Oneplayer Action Adventure ist etwas völlig anderes als düsterer und roher Online Shooter, der nur mit Schnittauflagen die Freigabe der USK erhält. Zudem spielen die beiden vermeintlichen Anarcho-Regisseure, die ja gar nicht so anarchistisch vorgehen wie man annehmen möchte, noch wunderbar mit den Klischees und Vorurteilen der Killerspielkritiker, wenn sie den Gamer des brutalen Ego-Shooters als fairen und aus guten Verhältnissen stammenden Saubermann darstellen, und den Spieler des so niedlichen und absolut gesellschaftlich akzeptieren Tamagotchi Derivats als sozialverkümmerten Fettwanst, der in Real Simcity seinen dunklen Allmachtsfantasien fröhnt. Das kann als kritischer Blickwinkel missverstanden werden, ist jedoch allenfalls eine Zusammenfassung einer Diskussion, in der selbst ernannten Experten, die zu wissen glauben der Mensch könnte nicht zwischen Pixel und realem Fleisch unterscheiden, mehr Redezeit geboten und Gehör verschafft wird, als der realen Wissen- und Gesellschaft, die die Thesen der Kritiker tagtäglich widerlegen. Neveldine und Taylor überschreiten zwar gerne Grenzen, aber nicht die Grenze zur Dummheit. Da würde man sie einfach unterschätzen.

7/10 Punkte

Crank: High Voltage

Zweimal habe ich in meinem Leben eine Kinovorstellung vorzeitig verlassen. Ganze zweimal in was weiß ich wie vielen Jahren. Man zählt die besuchten Kinovorstellungen ja gar nicht mehr mit. Zugegeben, an die Mehrzahl der vorsichtig geschätzen 300 oder 400 Kinobesuche - oder waren es doch nicht so viele, oder doch viel mehr? - kann ich mich nicht mehr wirklich erinnern. Und ich habe auch eine ganze Reihe der Filme nicht ganz gesehen, da ich als Spätvorstellungsliebhaber auch einfach mal eingeschlafen bin, aber an die beiden Kinovorstellungen in denen ich freiwillig vorzeitig den Saal verlassen habe, an die kann ich mich ganz genau erinnern. Das erste mal geschah das vor sieben Jahren, Darkness war dann später im TV aber gar nicht so schlimm, wie er mir im Kino vorkam. Sicherlich kein Meilenstein, der Film ist schlecht, aber die Kinovorstellung hätte ich nicht vorzeitig verlassen müssen, zumal meine Begleitung damals ganz schön stinkig war. Ich hätte ihm vielleicht die volle Stunde Zeit geben sollen, manchmal kann das Finale dann ja doch noch so einiges raushauen. Ein wenig versöhnen. Gestern Abend habe ich dann zum zweiten mal eine Kinovorstellung vorzeitig verlassen, und diesmal bin ich mir sicher, daß ich die Flucht aus dem Kino nicht bereuen werde. Was mir Mark Neveldine und Brian Taylor bis zur etwa siebzigsten Minute vorsetzten gleicht einer öffentlichen Verbrennung der Kreativität. O.K., die meisten Sequels erzählen den ersten Teil noch einmal neu, und niemals war dies vor dem Erscheinen eines zweiten Teils so offensichtlich und auch erwünscht wie im Falle von Crank 2. Natürlich versuchen die meisten Fortsetzungen ihren Vorgänger zu überbieten, aber mir fällt beim besten Willen keine Fortsetzung eines Films ein, die schon auf den ersten Metern der Filmrolle dabei dermaßen verkackt wie eben Crank: High Voltage. Alle Zutaten, die Crank so lustig, kurzweilig, political incorrect und einfach nur sympathisch Gaga machten, werden von Neveldine und Taylor in einem nur noch als impertinent zu bezeichnenden Schwall von Einfalt über die Grenzen zur Peinlichkeit ins Land des Fremdschämcontents hinüber gespült. Mehr als noch mehr Wackelkamera, noch mehr Schnitte, noch abstrusere Einstellungen sind den beiden Regisseuren nicht zum Thema Steigerung eingefallen. Zynismus verkommt zum platten Eiertreterhumor. Das ist alles nur noch ein einziges spekulatives Anbiedern an einen Geist und Geschmack, der vielleicht im Web in vereinzelten Foren und sozialen Netzwerken in geballter Form vorzufinden ist, in der real existierenden Welt jedoch lediglich ein Dasein in einer Nische fristet, die so klein ist, daß man sie noch nicht einmal mehr als Nische wahrnimmt. Oder halt in den Köpfen pubertierender Jugendlicher, die es auch immer schwerer haben mögen gegen die Erwachsenenwelt zu rebellieren, da so viele Erwachsene nicht mehr erwachsen werden wollen. Die Macher des Filmes darf man hier als einfachsten Beweis dieser Annahme gelten lassen. Falls mir jemand zum Vorwurf machen möchte, ich könne mir kein Urteil über Crank 2 erlauben, da ich den Film nicht bis zum Ende ertragen konnte, dann soll er mir ersteinmal erklären seit wann man Pornos ganz schauen muß, um sich ein Bild von ihrer Qualität machen zu können.