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Zabriskie Point

Die beiden roten Toilettenhäuschen wirken befremdlich an diesem Ort im Death Valley. Vor Millionen von Jahren ist hier ein See ausgetrocknet und hinterließ eine hügelige Landschaft, deren wellige Gesteinsformen ein einzigartig visuelles Spiel aus Licht und Schatten bieten. Ein friedlicher Ort, kein Mensch weit und breit, keine Anzeichen von Zivilisation sobald man den Aussichtspunkt oben an der Straße mit den nicht ins Bild passenden Toilettenhäuschen verlassen hat und hinunter zum Flußbett gegangen ist. Die Zivilisation verliert hier ihren Einfluß. Ein perfekter Ort für Michelangelo Antonioni, der den Zabriskie Point nutzt, um sein Zeitdokument auf den kleinstmöglichen Nenner Mensch zu brechen. Hier können Daria und Mark ohne äußeren Einfluß, ohne Zwänge, ohne Angst zusammenkommen. Selbst ihre unterschiedlichen Weltsichten sind ihnen kein Hindernis. Zabriskie Point ist der Ort der Karthasis, die die beiden Hauptfiguren des Filmes durchlaufen.

Mark, durch seine Erfahrungen während der Studentenunruhen desillusioniert, befindet sich auf der Flucht vor der Polizei. Nachdem er Zeuge eines Schusswechsels zwischen der Polizei und aufständischer Studenten an seiner Universität wurde, bei der ein Student und ein Polizist zu Tode kommen, irrt er ziellos durch Los Angeles. Er hatte kurz zuvor selbst mit seiner Pistole auf den Polizisten gezielt und glaubt nicht daran, daß man ihm seine Unschuld am Tod des Mannes abnehmen wird. Als er zufällig an einem Flugplatz vorbeikommt, kapert er ein Sportflugzeug und fliegt in Richtung Wüste. Daria ist ebenfalls Studentin, nebenbei arbeitet sie für die Sunny Dunes Corporation, die ihr Geld mit extravaganten Immobilien verdient. Sie landet in der Wüste, da sie auf der Suche nach einem Guru ist, der in einem kleinem Ort wunderliche Meditationmöglichkeiten verspricht. Der angeblich magische Ort entpuppt sich als verfallenes Kaff. Vom Guru keine Spur, nur noch die verwaisten Straßenkinder, die er aus dem Moloch Los Angeles befreien wollte und nun die klägliche vorhandene und demografisch veraltete Bevölkerung terrorisieren, sind von den Versprechungen übrig geblieben. Am Ende wird Mark seinen Feinden ein Friedensangebot unterstellen und dabei sterben, während sich die gerade noch unbekümmerte und lebensfrohe Daria ihrer eigenen Radikalisierung ausgesetzt sieht.

Zabriskie Point ist kein Drogentripp, auch wenn man das bei einem Film über die 68er Bewegung annehmen könnte. Antonioni bietet keine romantischen Lagerfeuer um die herum weltfremde Aussteiger tanzen und Love & Peace zu Steppenwolf predigen. Zabriskie Point gibt sich wesentlich feinsinniger, auch wenn seine Geschichte um die beiden Liebenden auf dem ersten Blick wie ein visuell aufgeblähtes Nichts erscheint. Antonioni versucht mit seinem Film die Ängste einer Generation, ihre Wünsche und Träume einzufangen. Er erhebt nicht den Anspruch historische Wirklichkeit abzubilden, jedoch den Anspruch das damalige Lebensgefühl einer Bewegung zu vermitteln. Dazu komponiert er unermüdlich neue Bilder und Szenen aus sehr subjektiven Blickwinkeln. Angereichert mit Mythen und Visionen. Daß er dabei zu keinem Zeitpunkt die Distanz eines Beobachters, oder genauer noch eines neutralen Begleiters aufgibt, kann da leicht untergehen. Vielleicht ein Grund dafür, daß sich so viele Kritiker heute noch auf dem Kriegspfad mit seinem Film befinden. Wie hart Antonioni mit der jugendlichen Naivität seiner scheinbaren Protagonisten umgeht wird zur Nebensache, wenn er am Ende das von Daria auserwählte Symbol der kapitalistischen Konsumwelt in unendlich vielen Einstellungen in einer fantastisch choreographierten Explosion zerbersten läßt. Und so ist es auch die Visualität des Filmes, die am Ende hängen bleibt. Eines Filmes, der anstatt einer eindeutigen Botschaft nur ein Gefühl hinterläßt. Und das erreicht der Italiener ausschließlich über die Verschmelzung von Bild und Soundtrack. Das ist Kino, über den Wahrheitsgehalt seines Inhaltes darf gerne verhandelt werden. Auch das gehört zum Kino.

8,5/10 Punkte

Lieblingsszenen - Blow Up

Thomas gelangt auf der Suche nach der geheimnisvollen Frau, die er morgens zufällig in einem Park zusammen mit einem älteren Herren fotografierte ins Ricky-Tick. Auf der Bühne gibt die damals in der Szene angesagte Band Yardbirds einen Gig. Das anwesende Publikum gibt sich zuerst zurückhaltend. Als die Verstärker der Band Probleme bereiten schlägt der Gitarrist mit seinem Instrument auf den Verstärker ein, dabei beschädigt er die Gitarre. Er gibt der Gitarre den Rest und wirft den abgebrochenen Gitarrenhals ins Publikum. Plötzlich flippt die Menge aus und stürzt sich auf Thomas, der den weggeworfenen Gitarrenhals an sich bringen kann. Jeder möchte das begehrte Stück für sich haben, Thomas flieht im Getümmel aus dem Club, verfolgt von zwei Gästen, die sich anscheinend nicht so leicht bei der Trophäenjagd geschlagen geben wollen. Im langen Flur zum Ausgang stoßen sie jedoch mit zwei anderen Gästen zusammen und Thomas kommt mit seiner Beute unbeschadet auf den Boulevard. Dort begutachtet er kurz den Gitarrenhals, erkennt die für ihn völlige Wertlosigkeit des Gegenstandes und wirft ihn anschließend weg. Ein Passant, der zufällig in der Nähe steht, hebt interessiert den Gitarrenhals vom Gehweg auf und wirft ihn ebenfalls nach kurzer Begutachtung wieder weg, da er für ihn ohne das Wissen um seine Herkunft ebenfalls nur ein abgebrochener Gittarenhals ist.

Blow Up
Michelangelo Antonioni, I/GB/USA 1966