Per Handschlag

Laut BGB bedarf lediglich ein befristeter Mietvertrag oder der Hauskauf einer schriftlichen Form. Kaufmannsehre sei Dank. In der heutigen Zeit werden aber selbst auf dem Pferdemarkt Rösser nur noch per schriftlich fixiertem Vertrag veräußert. Der Mensch der heutigen Zeit ist wohl zu wankelmütig geworden als daß man sich allein auf das gesprochene Wort verlassen könnte.

Da kann es einen schon verwundern, daß ausgerechnet in einer Branche, die stolz die Vorsilbe Profi in ihrem Namen trägt, immer noch Verträge mündlich per Handschlag geschlossen werden. Schließlich geht es im Profifußball ja im Zweifelsfall um viel Kohle, falls der Angestellte doch vorzeitig seinen Arbeitgeber wechseln möchte oder er sich im Nachhinein als invalid zu erkennen gibt. Gerade in letzteren Fall hat der FC Schalke 04 in nicht mehr ganz so jüngster Zeit seine Erfahrung gemacht. Die Reputation eines Vereines kann da schon ganz schön heftig in Mitleidenschaft gezogen werden. Schließlich sind es ja im Bewußtsein der Masse immer die großen Erfolgreichen, die den kleinen Emporkömmling über den Leisten ziehen.

Gelernt hat der Verein aus dieser unrühmlichen Geschichte nichts. So verlängerte er doch nach eigenen Bekunden per Handschlag im September vor dem Spiel in München mit seinem Ausnahmetalent Mesut Özil bis ins Jahr 2011, zu anscheinend stark verbesserten Konditionen. An die Öffentlichkeit kam diese Vertragsverlängerung nicht wirklich. Vielleicht gab es hier und dort eine Meldung, mir ist sie jedoch nicht wirklich in der Erinnerung.

Gegen Ende des letzten Jahres waren dann plötzlich gegenteilige Meldungen zu lesen. Özil würde einer vorzeitigen Verlängerung seines Vertrages nicht zustimmen. Beraten wird Özil von seinem Vater und Reza Fazeli, der laut Liste der Internetseite transfermarkt.de auch Hamit Altintop, Yildiray Bastürk, Nuri Sahin oder Mehdi Mahdavikia vertritt. Dessen Agentur zwar auf der Königsallee in Düsseldorf residiert, was aber nichts heißen muß. Gerade hier ist Schein mehr als Sein. Ich spreche aus eigenen Erfahrungen. Es ist schwer Informationen über Reza Fazeli zu recherchieren. Schließlich stößt man auf ismweb.de, die Seite protzt im Banner mit Bildern von Altintop, Sahin, Karimi und Bastürk. In der Klientenliste tauchen aber lediglich Namen unbekannterer iranischer Spieler auf. Dies hinterläßt nicht unbedingt den Eindruck einer seriösen Beratungsagentur. So wie die ganze Seite eher den Flair einer schnell zusammengeflickten Gefälligkeit eines befreundeten Webdesigners, als eines professionellen Webauftritts hinterläßt.

Die erste Seite aber, die Google ausspuckt, wenn man auf deutschen Seiten nach Reza Fazeli sucht, ist eine mehr als fragwürdige Seite mit dem Namen Iran-Fussball.com. Kein Impressum, kein Kontaktformular und auch die Adresse ist nicht die, die auf dem Browser Tab erscheint. Ein Bericht über das Leben Fazelis. Denkste, nur auf den ersten Blick. In einem PR-Text, der unter anderem von Fazelis Telefonrechnung handelt, dann aber doch lieber über Spieler anderer Berater erzählt (soll hier wirklich der Eindruck entstehen, Fazeli sei der Berater Michael Ballacks?), fällt jedoch ein Satz auf.

"Indiskretionen können das Geschäft gefährden - oder auch fördern."

Upps, können Sie sich noch an diesen Skandal erinnern? Gar nicht so lange her, ich glaube kurz vor Silvester. Da fragte man sich, was das Ganze soll. Wer außer der Springer AG Nutznießer dieser Veröffentlichung sein könne. Einmal ganz davon abgesehen, daß ich persönlich die Authentizität des veröffentlichten Schriftstückes für mehr als fraglich halte. Alleine der Font (es sieht schwer nach Comic San Serife aus), in dem die Zusatzvereinbarung verfaßt wurde, läßt die Vermutung nahe, es handelt sich um einen Text, der auf dem Laptop eines viel telefonierenden Mannes der sich für ausgebufft hält verfaßt oder zumindest ausgedruckt wurde. Ich glaube einfach nicht, daß der FC Schalke Zusatzvereinbarungen mit seinen Spielern verfaßt, die aussehen, als schreibe man lediglich einmal in 10 Jahren eine Kündigung an seine Kfz-Versicherung. Aber dies sind nur Vermutungen, man hat bekanntlich ja schon Pferde..., lassen wir das.

Die Vertragsverlängerung, oder besser gesagt der neue Vertrag sollte dann, trotz allem, mit dem Spieler im Trainingslager in Belek dingfest gemacht werden. Doch Özil war offensichtlich nicht bereit ohne Vater und Berater weitere Gespräche mit Müller und Slomka zu führen. Man verschob das letzte und alles entscheidende Gespräch auf den letzten Donnerstag. Das Ergebnis ist bekannt. Glaubt man z.B. Meldungen wie dieser oder jener ergibt sich ein insgesamt trauriges Bild, doch kann man Müllers Entscheidung nachvollziehen. Vertragsverhandlungen in denen von einer Verhandlungsseite Druck aufgebaut wird entbehren jeder Seriosität und Vernunft.

Natürlich ist die Frage, warum Schalke unbedingt jetzt schon mit Özil verlängern wollte erlaubt. Das Bedürfnis des Managers zu Wissen mit wem er in Zukunft planen könne ist aber auch nicht wirklich schwer zu akzeptieren. Und auch die Aussicht auf eine höhere Ablösesumme, falls Özil wirklich ein Angebot aus der Premiere League bekommen sollte, nicht unbedingt etwas verwerfliches. Schließlich hat ihn der Verein ausgebildet, hält den Spieler für ein großes Talent und hat Özil nicht erst, wie sonst üblich, 2 Jahre in der Regionalliga Mannschaft kicken lassen, sondern ihn direkt aus der Jugend in den Profikader berufen. Sehr viel Vertrauensvorschuß in meinen Augen. Dem Özil, bis auf wenige Ausnahmen, bisher nicht annähernd gerecht wurde. Er ist halt ein Talent. Soll heißen ein paar gute Pässe und Dribblings, vor dem Tor jedoch so effektiv wie einst Hami Mandirali. O.K., der Vergleich hinkt. Doch bringt er das Risiko einer Fehlinvestition für den Verein auf den Punkt.

Einige Fans vertreten den Standpunkt, Özil wolle nicht vorzeitig verlängern, da ihm mit Kenia, Ze Roberto und Albert Streit, dazu noch Ivan Rakitic zuviele Konkurrenten vor die Nase gesetzt wurden. Und machen dies Müller indirekt zum Vorwurf. Sorry, dann frage ich mich doch wie er sich seine Situation in London vorstellt, sollte an den Gerüchten wirklich etwas dran sein. Arsenal hat auf seinen Positionen sicherlich ein wenig mehr zu bieten, als der FC Schalke.

Wenn ich alles im Zusammenhang betrachte, komme ich lediglich zu einem Schluß. Hier hat sich der Vater eines hoffnungsvollen Talentes an den falschen Berater gewendet. Es geht letztendlich um die Telefonrechnungen des Herrn Fazeli. Schade für den Verein und vor allem für den Fußballspieler Mesut Özil.

Aber noch hat er ja Vertrag bis 2009, wie Andreas Müller in jedem seiner Statements zu betonen weiß.

Update: Der Text auf Iran-Fußball.com stammt offensichtlich direkt aus einem Artikel der ARD-Online Redaktion zum Bundesligastart der Saison 2005/2006.

1 Kommentare:

Flo Lieb hat gesagt…

Um Özil tut es mir nicht leid, wer mit Arsenal kokettiert, muss sich nicht wundern, wenn er plötzlich auf der Straße steht...

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