Es war die Wiederentdeckung der Ernsthaftigkeit im Horrorfilm, die Alexandre Ajas zweites Werk Haute Tension auszeichnete. Auch wenn der Plot nicht wirklich zu gefallen wußte, man ist als Horrorfan ja schon dankbar wenn der Mann mit dem Messer sich während der Verfolgung des Opfers nicht vor Trotteligkeit die Beine verknotet. Wie er da dem Slasher die schon längst verlorene Würde des Bösen zurückgab, seinen Protagonisten wieder echte Angst und Verzweiflung zu gestand, das Messer und die Kreissäge wieder zur echten Gefahr für Leib und Leben werden ließ. Keine Frage, dieser Aja würde auch Karriere in Hollywood machen können, das im Horrorgenre dringend eine frische Brise benötigte. Die Altmeister waren inzwischen alterszynisch, beschäftigten sich mit Seifenopern oder schlechten Vampirwestern. Wes Craven engagierte Aja fix für das Remake seiner Hügel der blutigen Augen und, ja doch, Aja wurde für seine Arbeit allerseits gelobt. Obwohl auch sein The Hills have Eyes nicht auf kreischende Teenies verzichten wollte, konnte er sich doch noch ein wenig vom üblichen Mainstream Horror der vergangenen Jahre aufgrund seiner konsequenten Körperlichkeit absetzen. Mirrors ist nun sein zweiter Hollywood Horror, das Remake der außerhalb Koreas wohl eher unbekannten Ringu Variation Into the Mirror.
Die Spiegel sind es dieses mal von der die Gefahr für Leib und Leben ausgeht. Ben Carson, suspendierter Ex-Polizist und mittlerweile wieder trockener Ex-Alkoholiker, nimmt einen Job als Nachtwächter an. Er möchte wieder auf den Pfad der Tugend zurückkehren und seine Ehe retten, von der kleinen Pension allein kann er seine Familie nicht ernähren. Die Gattin ist jedoch gar nicht auf sein Geld angewiesen, arbeitet sie doch als Gerichtsmedizinerin in der örtlichen Pathologie. Da fällt die Entscheidung doch gleich viel einfacher den Gatten bei seiner Schwester einzuquartieren. Carter soll ein altes Kaufhaus bewachen, dies ist vor Jahren ausgebrannt und steht seitdem so vor sich hin. Nur die zahlreichen Spiegel blieben anscheinend unversehrt und nachdem Carter in der ersten Nacht einen von ihnen berührt geht der ganze Spuk schon los.
Das Genre verzichtet all zu oft auf Logik, keine Frage, manches mal ist dies vonnöten um die Spannung aufrecht zu erhalten, oft ist es einfach egal. Doch Mirrors entbehrt ihr schon im Grundgerüst. Während man sich noch fragt warum ein ausgebranntes Warenhaus überhaupt rund um die Uhr bewacht werden muß und auf die diesbezügliche Frage des neuen Wachmanns wartet, stellt sich schon die nächste. Warum stehen eigentlich Massen an gut erhaltenen Spiegeln im Gegenwert des Börsenwertes so manches amerikanischen Geldinstitutes einfach so in einer Ruine herum? Aufklärung erhält der Zuschauer nicht, warum auch? Könnte ja nur ablenken, auch eine Erklärung dafür warum die Tagschicht nach all den Jahren immer noch so quietschfidel ihrem Leben frönen kann, obwohl die Spiegel in Carsons Auto und im Haus seiner Noch- und schon bald endlich wieder Frau kein Problem mit der Tagesaktivität zu haben scheinen. Da will man schon gar nicht mehr danach fragen warum in ihrem Haus überhaupt so viele herum hängen. Es paßt halt ganz gut und was nicht paßt wird passend gemacht. Die bösen Spiegel wollen ja auch nur eines. Esseker. Hört sich irgendwie biblisch an, ist aber nur der Nachname der Person, die einst das Böse in die Spiegel brachte. Warum und wieso ist nicht egal, dafür aber schließlich so absurd wie uninspiriert inszeniert. Natürlich bringen die Spiegel auch nur die vergessene Wahrheit wieder ans Tageslicht. Die möchte man aber gar nicht mehr wirklich wissen, denn daß pubertierende Mädchen eh nur vom Bösen besessen sein können und die Schulmedizin, in diesem Fall der Psychologe (Dr. Kain!), da schon eh nicht helfen kann wissen wir ja spätestens seit dem Exorzisten. Als hätten sich verwirrte Christen und Scientologen an einem Wochenende zusammengesetzt und ein Drehbuch geschrieben.
Zwei gute Szenen hat Mirrors zu bieten, die eine gleich zu Anfang, die andere hat dann aber mit Horror nichts zu tun. Potential hätte die Geschichte gehabt, und daß sie gerade von Aja dermaßen in den Sand gesetzt wurde, dem Mann, der einst für das neue harte Horrorkino stand wie kein anderer, ist dann doch schon eine sehr traurige Tatsache. Denn Aja versucht hier offensichtlich den Asien- und Mysteryhorror der letzten Jahre mit seiner Art des ungebremsten Splatters in Einklang zu bringen, hat aber eigentlich kein wirkliches Konzept bei der Hand. Gerade die Splatterelemente wirken doch recht aufgesetzt, für den Rest scheint er sich gar nicht zu interessieren, so zusammengeschustert wirkt der Film. Da verwundert es auch nicht mehr, daß Kiefer Sutherland für die Hauptrolle ungefähr so geeignet ist wie ein Kamel für's Springreitturnier. Ein Blick auf die Produzentenliste läßt Böses erahnen.
3,5/10 Punkte
3 Kommentare:
Ich fall vom Stuhl, Tumulder und ich haben nach langer Zeit mal wieder dieselbe Meinung von einem Film :o
Im Ranking meiner schlechtesten Kinoerlebnisse 2008 hat er ganz große Chancen das Siegertreppchen zu erklimmen;)
Pff, dann hast viele schlechte Filme verpasst, mein Freund. Was ich alles ertragen musste dieses Jahr...
Kommentar veröffentlichen
Kommentare zu Blogeinträgen, die älter als sieben Tage sind werden weiterhin von mir moderiert. Sei freundlich, fair und bleib beim Thema.