Sam Raimis Evil Dead Reihe gehört wahrscheinlich auch zu den Filmen, die in der Erinnerung größer erscheinen als sie es dann tatsächlich waren. Ob sein Tanz der Teufel jemals die Aufmerksamkeit erhaschen können hätte, die er unter dem Einfluß der damaligen Jugendschutzdiskussion errang, sei dahingestellt. Vielleicht wäre er in den hinteren Regalen der damals noch für 12 Jährige frei zugänglichen Videotheken vergammelt. So aber wollte jeder den angeblich härtesten Schocker aller Zeiten sehen, auch auf dem zum siebten Mal überspielten Tape, mit Streifen im Bild und Rauschen statt Ton. Die geniale Kamera, der donnernde Sound, Bruce Campbells Horror-Slapstick und ein fetter Hauch von Geisterhaus Nostalgie durchstreifte die Reihe und läßt auch heute noch so manchen damals 13 oder 15 Jährigen vor Entzückung juchzen. Raimis Filme sind unverkennbar, schon allein durch die vielen Einfälle des damals noch jungen Filmemachers, der von Anfang an das Kino nicht als Möglichkeit zur Abbildung der Realität, sondern als Ort des Fantastischen verstand. Seine belächelten, aber äußerst erfolgreichen Fernsehserien Xena und Hercules unterstreichen Raimis Verlangen nach dem märchenhaften und romantischen Elementen in seinen Werken, die das kindliche Wesen des Publikums nur allzu leicht um den Finger wickeln. Während Roddenberrys pseudo-philosophische Weltraum-Gutmenschen und Carters X-Files die fantastische Erzählung ins technokratische Windows95-Zeitalter führten, fesselte Raimi mit seinen 60er Jahre Ray Harryhausen Sandalenabenteuern die abenteuerdurstige Fernsehgemeinde an den Bildschirm. Während Bay und Co. die Technisierung des Blockbusterkinos vorrantrieben, drehte Raimi mit Spiderman einen Blockbuster, der trotz allem technischen Schnick Schnacks so romantisch und rührig ausfiel, daß man ihn in einer anderen Zeit verorten möchte. Doch Raimi ist keinesfalls jemand, der uns mit Altbackenen abspeist, all seine Filme und Fernsehserien sind modernster Kintopp, der sich gottlob nicht allzu ernst nimmt und dem Zuschauer ein freudiges „Ich will doch nur spielen“ mit auf den Weg gibt. Auch sein neuester Streich Drag me to Hell.
Gypsy-Hexen sollte man nicht bloßstellen, das kann nur böse enden. So wird dann auch die auf die Beförderung schielende, jedoch herzensgute, Christine Brown von Mrs. Ganush mit einem Fluch belegt, nachdem Christine ihr einen weiteren Aufschub zur Begleichung der Haushypothek verwehrt. Und schon verwandelt sich das Leben Christines zu einem Alptraum, denn der Dämon, den die alte Hexe ihr auf den Pelz schickt, treibt sie recht schnell in den Wahnsinn. Klappernde Türen, Schatten, Nasenbluten und Angriffe, der schon längst verstorbenen Alten hält Christines Freund Clay natürlich für Einbildungen, die von dem Trauma ausgelöst wurden, das Christine durch die Begegnung mit der beleidigten Dame erleidet. Äußerst blutig wird Raimis Geschichte daraufhin nicht, vielmehr läßt der Romantiker sich auf ein kurzweiliges und äußerst humorvolles Spiel mit dem todbringenden und plötzlich ausbrechenden Höllenerscheinungen ein. Ganz so wie einst Ash in der alten Waldhütte mit übersinnlichen Kräften und vor allem mit sich selbst zu kämpfen hatte, muß sich Christine nun mit tanzenden Tassen, blutigen Kuchen und schrägem Dämonenkult auseinandersetzen. Inszeniert in einer wahren Flut an Referenzen ans Genre. Doch verfällt Raimi nicht dem Irrtum Zitate für sich stehen zu lassen, sondern baut sie gekonnt und keinesfalls mit der Penetranz einer augenzwinkernden Nummernrevue in einen liebe- und vor allem fantasievollen Liebesbeweis an das Horrorkino ein. All die Hitchcocks, Friedkins, Carpenters, Argentos und vor allem Jacksons sind nur Gäste, die kurz mal reinschauen und nach einem nettem Hallo schnell wieder verschwinden. Da läßt der Gastgeber niemanden anderen an den Plattenschrank, außer sich selbst. Mag sein, daß Raimis Film im Oldschool-Stil daherkommt und die alten Geister heraufbeschwört, doch zu einer öden Oldietanzveranstalltung, darauf läßt er sich gar nicht erst ein. Denn sein Drag me to Hell ist wesentlich runder und moderner abgemixt, als das Kino, auf das sich der Film bezieht. Geriet Raimi seinerzeit noch manche Szene zu lang, schlug der eine oder andere Gag gerade in seinem berühmten Evil Dead 2 noch in reinste Nervensägerei um, findet er hier immer das richtige Timing. Sobald sich ein Schock in einem von Raimis immer wieder schönen Gags auflöst, läßt er von ihm ab und widmet sich Neuem. Raimi 2009 ist vielleicht zahmer als Raimi 1987, doch scheint er seine Kreativität nicht verloren zu haben. Und im Zusammenspiel mit der Erfahrung, die er über all die Jahre gewonnen hat, ergibt sich ein wahrlich höchst unterhaltsamer Geisterspaß, den sich niemand entgehen lassen sollte, auch wenn ihm vielleicht nicht der ganz große Wurf gelingt. Aber das hatte er ja auch merklich gar nicht vor.
7,5/10 Punkte
8 Kommentare:
"... drehte Raimi mit Spiderman einen Blockbuster, der trotz allem technischen Schnick Schnacks so romatisch und rührslig aufiel, daß man ihn in einer anderen Zeit verorten möchte."
Äh, sag mal, bekomm ich da gerade was nicht mit, oder sind das auf einmal nette, positive und wohlwollende Worte deinerseits zu Raimis Spiderman? Und das, nachdem du dich bei mir im Zuge meiner Hellboy 2 Verfilmung über den Film ausgekotzt hast, wie nichts Gutes? Ein Film, den du dir nicht ansehen kannst, unter anderem weil er abartig auf Tiegang getrimmt ist, etc. pp.? Oder ist das da in deiner "DMTH" Rezension gar kein Lob für Spiderman, sondern viel mehr eine verdeckte Kritik? Ich bin verwirrt... ;-)
Glaube letzteres. Tumulder hat ja hier schon mal durchklingen lassen, dass allzu viel Romantik bei ihm nicht gut ankommt. Daher auch die Verortung in eine andere Zeit, wo er Spider-Man aus dem Weg gehen kann (nehme ich an). ;-)
das scheint ja der neue Konsens-Film innerhalb der Blogosphäre zu werden.
Wie (fast) immer sind wir uns einig. Hast halt den Plan. :)
Der scheint ja echt vielen zuzsagen. Bin gespannt.
@flo
Du verwechselst immer noch Romantik mit Kitsch.*g*
@c.h.
Ich hebe ja erstmal nur Raimis Mut gegen den Strom zu schwimmen hervor.;)
@all
Ja, der Drag me to Hell ist einfach zu nett, um ihn nich gut zu finden.:)
"Wie (fast) immer sind wir uns einig."
Eier-krauling deluxe.
Ich habe es nicht nötig irgendwem die Eier zu kraulen, ich sage immer, was ich denke, ohne Rücksicht auf Verluste. Aber tumi schaut eben sehr oft sehr genau hin... vielleicht mal ein Beispiel dran nehmen? :)
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